Der Gemeinderat will, aber kann nicht – oder kann, aber will nicht?

Eine Interfraktionelle Motion unter Federführung der JA! fordert, dass die städtische Pensionskasse ihr Vermögen nicht mehr in Unternehmen investieren darf, die Kriegsmaterial produzieren. Der Gemeinderat unterstützt das Anliegen zwar inhaltlich, zieht sich aber aus der Verantwortung. Berechtigterweise? Eher nicht.

Das Thema der Investitionen von Schweizer Finanzakteuren in Rüstungsunternehmen hat seit der Lancierung der Kriegsgeschäfte-Initiative viel Aufmerksamkeit erhalten. Bereits gingen erste Finanzakteure, wie die Pensionskasse der Stadt Zürich, die Pensionskasse des Bundespersonals (Publica) und jüngst die Pensionskasse der Stadt Luzern mit gutem Beispiel voran und haben ihre Anteile an Unternehmen, die geächtetes Kriegsmaterial produzieren abgestossen. Natürlich ist das geächtete Kriegsmaterial nur ein Teil des Kriegsmaterials und der Teil, der momentan (zum Glück!) für die wenigsten Opfer verantwortlich ist, doch die Desinvestitionen aus diesem Bereich sind ein wichtiger Anfang.

In Bern haben die GB/JA!, GFL/EVP sowie die Freie Fraktion eine interfraktionelle Motion eingereicht mit der Forderung, dass die Personalvorsorgekasse der Stadt Bern (PVK) nicht mehr in Unternehmen investieren darf, die mehr als 5% ihres Umsatzes mit der Produktion von (konventionellem) Kriegsmaterial erwirtschaften. Der Gemeinderat hat die Motion Ende 2017 beantwortet. Er schreibt in seiner Antwort, dass im Reglement der PVK bereits jetzt stehe, dass diese „ihr Handeln nach sozialen, ökologischen und ethischen Kriterien der Nachhaltigkeit aus[richte]“. Doch diese Vorschriften hindern sie nicht daran, 10 Millionen Franken in Rüstungsunternehmen zu investieren – und das, nachdem sie ihr Portfolio 2016 auf seine Nachhaltigkeit überprüfen liess. Bei einem Vermögen von 2 Milliarden Franken, entsprechen diese Investitionen einem Anteil von 0.5%, was deutlich mehr ist als bei vergleichbaren Pensionskassen.

 

Luzern und Zürich zeigen, dass es möglich ist

Obwohl der Gemeinderat das Anliegen der Motion zwar inhaltlich unterstützt, zieht er sich aus der Verantwortung und schreibt, dass er aufgrund der bundesrechtlichen Vorgaben keinen Einfluss auf die Anlagepolitik der PVK nehmen könne. Diese Einschätzung ist aber aus zwei Gründen anzuzweifeln:

Zum einen wird die Einschätzung, dass ein Verbot der Investitionen in Rüstungsunternehmen auf Gemeindeebene unzulässig ist, nicht überall geteilt: In Luzern wurde eine kommunale Initiative eingereicht, mit der Forderung, dass die Pensionskasse der Stadt Luzern nicht mehr in Unternehmen investieren darf, die geächtetes Kriegsmaterial herstellen. Über deren Gültigkeit wurde lange diskutiert und zwei juristische Gutachten eingeholt, die dazu tendieren, dass eine Einschränkung möglich ist. Noch bevor abschliessend über die Gültigkeit der Initiative entschieden wurde, hat die Pensionskasse ihr Reglement aber nun entsprechend geändert und schliesst kontroverse Anlagen gemäss den Forderungen der Initiative aus. Neben Zürich ist Luzern nun schon die zweite Stadt, in der ein Verbot von Kriegsgeschäften auf städtischer Ebene umgesetzt wurde.

Zum anderen ist Gemeinderat Michael Aebersold zwecks seines Amtes als Finanzdirektor Präsident der Vorsorgekommission, die für die Grundsätze und Ziele der PVK zuständig ist. Selbst wenn der Gemeinderat sich rechtlich nicht in der Lage sieht, der PVK die Desinvestition aus der Rüstungsindustrie vorzuschreiben, kann sich Michael Aebersold in der Kommission für diese Entwicklung einsetzen.

Kompetenzen hin oder her – klar ist, dass das Bewusstsein für Investitionen und die Verantwortung, die damit einhergeht, in letzter Zeit massiv zugenommen hat. Obwohl die Schweiz flächenmässig klein ist, hat sie mit ihrem Finanzplatz einen starken Hebel, um zu einer positiven Entwicklung beizutragen. Doch diese Veränderungen beginnen im Kleinen – mit einer Desinvestition bei einer Pensionskasse hier, einer Bank da und einer Veränderung der Erwartungshaltung bei uns allen. Denn schliesslich ist es unser Geld, das Pensionskassen in Waffen oder sinnvolle Projekte. Und es ist deshalb auch unsere Aufgabe zu sagen, wo das Geld investiert werden soll und wo nicht.

Im Ja!rgon 1/18 von Eva K.