Dringliche interfraktionelle Motion GB/JA!, GFL/EVP, SP/JUSO, GLP sowie AL (Eva Krattiger, JA! / Katharina Gallizzi, GB / Brigitte Hilty Haller, GFL / Timur Akçasayar, SP / Michael Ruefer, GLP / Jemima Fischer, AL)
Am 7. März 2021 hat die Berner Stimmbevölkerung die Verkehrsmassnahmen zum Bahnhofausbau «Zukunft Bahnhof Bern» mit 58% Ja-Stimmen angenommen. Die Verkehrsmassnahmen bewirken eine Reduktion des motorisierten Individualverkehrs auf dem Bubenbergplatz um 60% gegenüber dem heutigen Zustand. Aus Sicht der Motionär*innen ist klar: Die Verkehrsmassnahmen ZBB-S waren erst der Auftakt zur Umgestaltung der Achse Bubenbergplatz – Schützenmatte; die nächsten Schritte müssen unverzüglich angegangen werden. Zudem hat die SBB bekannt gegeben, dass sie den Abbruch der Gebäude am Bollwerk 2-8 nun doch weiterverfolgen will und plant, 2027 mit dem Abbruch zu beginnen.[1] Will die Stadt den Umbau der SBB und die Verkehrsverminderung im Bereich Bahnhof nutzen, muss die Planung jetzt an die Hand genommen werden.
Wenn der MIV auf dem Bubenbergplatz reduziert wird, wird auch der Verkehr im Bollwerk stark abnehmen. Dies erlaubt die Aufhebung von bis zu zwei der aktuell vier Spuren. Damit würde die Spurreduktion auf dem Bubenbergplatz (Massnahme ZBB) im Bollwerk konsequent weitergeführt. Die Sperrung des Bahnhofplatzes ist dafür keine Bedingung.
Heute ist das Bollwerk ein grauer, verkehrsdominierter Betongraben mit kaum Aufenthaltsqualitäten. Im Winter bleiben die Luftschadstoffe in der Strassenschlucht tagelang hängen und sorgen für gereizte Atemwege. Im Sommer ist es die Hitze, die kaum entweichen kann. Für Zufussgehende bleibt neben dem rollenden Verkehr kaum Platz, die ohnehin schmalen Trottoirs werden zudem als Velo-Abstellplätze und für den Güterumschlag genutzt. Alles in allem ist das Bollwerk eine der unattraktivsten Strassen Berns, die jedoch Mitten im Herzen der Stadt liegt.
Doch die Spurreduktion im Bollwerk eröffnet grosse Chancen: Wo heute Autos rollen, könnte eine Allee Schatten spenden. Wo Teer von Fassade zu Fassade reicht, könnten sickerfähige Bodenbeläge für Kühlung sorgen. Auf den breiten Trottoirs könnten sich Menschen kreuzen, ohne auf die Strasse ausweichen zu müssen. Sichere, attraktive Velo- und Fusswege sowie Sitzgelegenheiten würden das Bollwerk vom Unort zum Boulevard machen.
Die Motionär*innen haben den Bericht «Planungsprozess Stadtraum Bahnhof, langfristiges Zielbild, Bericht zur Phase 1.1» mit Interesse zur Kenntnis genommen. Sie sind aber der Meinung, dass angesichts der sich mehrenden Hitzesommer, der durch ZBB verursachten Verkehrsreduktion ab 2027 und dem von der SBB geplanten Neubau des Bollwerks 2-8 die Aufwertung des Bollwerks rasch angepackt werden soll. Mit geeigneten Massnahmen soll das Bollwerk deutlich aufgewertet werden, ohne zukünftige Planungen zu beeinträchtigen (2. Tramachse, Umgestaltung der Grossen Schanze). Erste Schritte in diese Richtung hat der Stadtrat bereits in zwei Anträgen zum Projekt ZBBs beschlossen:
PVS Antrag 15: “Im Zuge der Planung des Abschnitts Bollwerk muss der Abschnitt Bollwerk-Bahnhof aufgewertet werden (weniger Fahrspuren, mehr Platz für Velos, sicherere Veloführung, deutlich breitere Trottoirs, Nutzung als «Flaniermeile»), damit sich die Trennwirkung zwischen Schützenmatte und Innenstadt verringert.”, vom Stadtrat angenommen mit 41 Ja- zu 18 Nein-Stimmen.
PVS Antrag 14: “Im ganzen Perimeter rund um den Bahnhof, d.h. auch auf dem Bollwerk und dem Bahnhofplatz, ist Tempo 30 einzuführen.”, vom Stadtrat angenommen mit 47 Ja- und 7 Nein-Stimmen und 1 Enthaltung.
Die Motionär*innen bitten den Gemeinderat, die Umgestaltung des Abschnitts Bahnhofplatz bis Neubrückstrasse umgehend an die Hand zu nehmen und dabei die in den obigen Anträgen genannten und die unten aufgeführten Punkte zeitgerecht in die laufenden Planungen einzubringen oder wo möglich bereits umzusetzen:
- Reduktion auf zwei Spuren für MIV und ÖV im Mischverkehr, sofern dies nicht zu Stau beim ÖV führt.
- Stadtklimatische Anpassungen über das gesamte Bollwerk, z.B. durch eine Allee. Die Aufwärtskompatibilität für eine allfällige zweite Tramachse soll erhalten bleiben.
- Beidseitige Velospuren gemäss Masterplan Veloinfrastruktur.
- Attraktive Fusswege mit Fussgänger*innen-Priorisierung bei den Knoten, vorzugsweise mittels Trottoirüberfahrten.
- Sickerfähige Beläge oder Pflästerungen, wo immer möglich.
Dringlichkeit: Das ZBBs-Projekt wurde am 7. März von der Stimmbevölkerung angenommen und wird nun umgesetzt. Zudem plant die SBB per 2027 den Abriss des Bollwerks 2-8. Damit die in den Anträgen geforderten Massnahmen und die in dieser Motion zusätzlich eingebrachten Punkte mit diesen Projekten umgesetzt werden können, muss der Gemeinderat diese möglichst rasch in die Planungen einfliessen lassen.
Bern, 8. April 2021
[1] https://www.derbund.ch/neue-laeden-statt-tristesse-am-bollwerk-988607177201