Planung autofreier Bahnhofplatz jetzt an die Hand nehmen!

Dringliche interfraktionelle Motion GB/JA!, GLP, GFL, SP/JUSO, Freie Fraktion (Eva Krattiger, JA! / Katharina Gallizzi, GB / Brigitte Hilty Haller, GFL / Timur Akcasayar, SP / Jemima Fischer AL)

Am 7. März 2021 hat die Berner Stimmbevölkerung die Verkehrsmassnahmen zum Bahnhofausbau «Zukunft Bahnhof Bern» mit 58% Zustimmung angenommen. Die Verkehrsmassnahmen bewirken eine Reduktion des motorisierten Individualverkehrs auf dem Bubenbergplatz um 60% gegenüber dem heutigen Zustand. Aus Sicht der Motionär*innen ist klar: Die Verkehrsmassnahmen ZBB-S waren erst der Auftakt zum autofreien Bahnhofplatz – der nächste Schritt muss unverzüglich angegangen werden.

Für die langfristige städtebauliche Entwicklung der Stadt Bern ist es zentral, den Bahnhofplatz weiter vom motorisierten Verkehr, insbesondere vom privaten MIV, zu befreien. Damit wird Platz frei für den weiteren Ausbau des ÖV, aber auch für den Fuss- und Veloverkehr. Der Bahnhofplatz und das Bollwerk als zentrale Orte in Bern sollen in erster Linie den Menschen dienen und von Strassenlärm und Luftschadstoffen des motorisierten Individualverkehrs entlastet werden. Damit kann die Aufenthaltsqualität gesteigert und eine klimaangepasste Stadt umgesetzt werden (bspw. durch mehr Bäume, Verdunstungsflächen, Wasser, etc.).

Bereits im STEK 2016 ist die Zielsetzung verankert, den Bahnhofplatz vom MIV zu befreien. So hält der Zusatzbericht Mobilität fest: «Aufgrund der notwendigen Raumanforderungen zur Förderung des ÖV und Veloverkehrs wird der Bahnhofplatz langfristig nur noch vom motorisierten Wirtschaftsverkehr gequert.» Zudem hat sich Stadtrat bei der Beratung der ZBB-Vorlage nochmals mit grosser Mehrheit für einen autofreien Bahnhofplatz ausgesprochen.

Eine von der Stadt in Auftrag gegebene Studie[1] bestätigt, dass ein autofreier Bahnhofplatz verkehrstechnisch umsetzbar ist. Die Komplettsperrung des Bahnhofplatzes für den pMIV führt im Zeithorizont 2025 in den Stosszeiten zu grösseren Belastungen an den Knoten Inselplatz, Forsthaus und Henkerbrünnli in Form von Rückstau. Diese können jedoch betrieblich durch ein gutes Verkehrsmanagement bewältigt werden. Das Länggassquartier erfährt nur eine geringfügige Mehrbelastung, welche durch flankierende Massnahmen weiter abgeschwächt werden können. Auch in einer langfristigen Perspektive ist gemäss der Studie ein autofreier Bahnhofplatz möglich, da sich die Stadt allgemein das Ziel gesetzt hat, den MIV zu reduzieren und deshalb davon ausgegangen wird, dass die Verkehrsbelastungen auch langfristig nicht stark zunehmen. Das Fazit der Studie ist klar: Ein autofreier Bahnhofplatz ist mit dem heutigen Strassennetz möglich und kann betrieblich bewältigt werden. Anpassungen braucht es, gemäss Studie, einzig im Strassenlayout und bei der Steuerung der Lichtsignalanlagen rund um den Bahnhofplatz. Dazu sind aber keine grossen baulichen Veränderungen nötig. Evtl. braucht es eine Weiterentwicklung der flankierenden Massnahmen in der Länggasse.

Das grosse Potential einer Sperrung des Bahnhofplatzes ist die des Raums Bubenbergplatz-Bahnhofplatz-Bollwerk, bspw. durch Umgestaltung der Aufenthaltsflächen, die Neuanordnung von Haltestellen und Spurreduktionen. Dafür braucht es eine vorausschauende Planung, qualifizierte Verfahren, die den Raum nicht nur als Verkehrsraum betrachten und entsprechende Mittel.

Für den autofreien Bahnhofplatz braucht es zwei Entscheide von übergeordneten Organen. Einerseits sind über den Bahnhofplatz gegenwärtig zwei Hauptstrassen signalisiert, welche im Anhang der Durchgangsstrassenverordnung des Bundes als Durchgangsstrasse bezeichnet werden (Routen Nr. 1 Lausanne-Bern-Zürich und Nr. 12 Fribourg-Bern-Solothurn). Für den autofreien Bahnhofplatz müssen die beiden Routen umgelagert werden. Dazu braucht es die Zustimmung der zuständigen Bundesbehörde. Andererseits ist der Bahnhofplatz Teil des Basisnetzes im regionalen Gesamtverkehrs- und Siedlungskonzeptes (RGSK). Für den autofreien Bahnhofplatz muss dieser von der Regionalkonferenz Bern-Mittelland aus dem Basisnetz entlassen werden.

Die Motionär*innen beauftragen den Gemeinderat:

  1. Die Planung für den autofreien Bahnhofplatz unverzüglich aufzunehmen (Anpassungen für die Sperrung des Bahnhofplatzes vom MIV sowie Umgestaltung Raum Bubenbergplatz-Bahnhofplatz-Bollwerk).
  2. Die Planung des autofreien Bahnhofplatzes mittels eines qualifizierten Verfahrens anzugehen. Dabei sollen städtebauliche und verkehrstechnische Aspekte gleich gewichtet werden.
  3. Dem Stadtrat die dafür nötigen Kredite zu unterbreiten.
  4. Die für den autofreien Bahnhofplatz notwendigen Beschlüsse der übergeordneten Organe (Bund und Regionalkonferenz) zu erwirken.

Begründung der Dringlichkeit: Mit dem Abstimmungsentscheid vom 7. März hat die Stimmbevölkerung gezeigt, dass sie eine massive Verkehrsreduktion im Raum Bahnhof befürwortet. Um Synergien zu den städtischen Verkehrsmassnahmen “Zukunft Bahnhof Bern” zu nutzen und das Verkehrsregime nicht mehrmals ändern zu müssen, soll die Planung eines autofreien Bahnhofplatzes möglichst rasch vorangetrieben werden.

Bern, 8. April 2021


[1]    Zukunft Bahnhof Bern Gesamtbetrachtung. Autofreier Bahnhofplatz, Verkehrskonzept. April 2020.