Postulat Fraktion GB/JA! (Hasim Sancar, GB/Lea Bill, JA!) Was hat Police Bern gebracht? Zwischenbilanz aus der Sicht der Stadt Bern

Seit 1. Januar 2008 ist die Polizei kantonalisiert. Mit Police Bern wurde ein Systemwechsel vollzogen, der auf die Stadt Bern weit reichende Folgen hat und noch haben wird.

Die wichtigste Veränderung ist die Kompetenzregelung: Während die operative Führung nun vollständig beim Kanton ist, hat die Stadt Bern noch die strategischen Kompetenzen. Schon die PUK von 2003 hat gezeigt, dass genau diese Unterscheidung in der Polizeiarbeit schwierig ist und die unklaren Schnittstellen oft zu Unsicherheiten bei Einsätzen führen können.

Die Verschiebung der Aufgaben und Kompetenzen der Polizei hat in der städtischen Polizeiarbeit Lücken geschaffen. Gleichzeitig ist die Kantonspolizei nun auch verantwortlich für den „Nahbereich“ der Stadt, was neue Risiken bringt. Es wird vermehrt vorkommen, dass Polizistinnen von irgendwo aus dem Kanton im Einsatz sind, die weder Bern noch die Szenen kennen. Die Stadt hat mit Police Bern deutlich weniger politische Einflussnahme auf Polizeieinsätze, die Zuständigkeit ist allein beim Kanton. Daraus ergibt sich eine heikle Schnittstelle in der Zusammenarbeit, die einen partnerschaftlichen Umgang verlangt. Die Äusserungen von Regierungsrat Käser (Der Bund, 11. Oktober 2008) sind in dem Sinne nicht zu akzeptieren.

Bis Ende 2007 gab es für die Einwohnerinnen der Stadt Bern die Möglichkeit, sich bei der Ombudsstelle der Stadt Bern zu beschweren, wenn sie u.a. mit einer Polizeiaktion nicht einverstanden waren, das betrifft zum Beispiel Verkehrs- oder Parkbussen oder ungerechte Behandlung durch die Polizei. Mit Police Bern haben die Bewohnerinnen von Bern nun keine direkte Anlaufstelle mehr, wenn sie mit der Polizeiarbeit nicht zufrieden sind. Die Stadt kann zwar die Bewohnerinnen an den Kanton weisen – da gibt es aber keine Ombudsstelle. Es stellt sich also die Frage, wo solche Beschwerden heute landen, wer sie bearbeitet und die BürgerInnen berät.

Vor diesem Hintergrund verlangen wir vom Gemeinderat, dass er Bericht erstattet über die

Folgen der Kantonalisierung der Polizei, der folgende Fragen klärt.

1. Wie gestaltet sich die Zusammenarbeit, wo und wie hat der Gemeinderat seine politische Einflussnahme noch wahrgenommen? Gibt es bereits jetzt positive bzw. negative Erfahrungen, wenn ja welche und welches sind die Gründe dafür?

2. Wie schätzt der Gemeinderat die Äusserung von Regierungsrat Käser ein, wenn er gemäss Zitat vom „der Bund“ vom 11. Oktober 2008 sagt, er würde sich einmischen, wenn sich die polizeiliche Lagebeurteilung im Vorfeld einer Demonstration von derjenigen des Gemeinderates unterscheidet…“. Wie gedenkt der Gemeinderat darauf zu reagieren?

3. Ist der Gemeinderat bei Police Bern für konkrete Anliegen zur Verbesserung der Zusammenarbeit bereits vorstellig geworden? Wenn ja, zu welchem Zweck und mit welchen Resultaten?

4. Wie werden die einzelnen Leistungsvereinbarungen (LV) mit Police Bern und deren Abgeltungen ausgewertet? Gibt es erste Erkenntnisse, welche Vereinbarungen sich finanziell für die Stadt lohnen und wo es in der früheren Form kostengünstiger war?

5. Was bedeutet die Aussage von Regierungsrat Käser (Der Bund, 11. Oktober), dass die Stadt Bern mehr bezahlen müsse, obwohl sie durchschnittlich mehr an die Police Bern bezahlt als die anderen Gemeinden? Was hat sich seit den letzten Vertragsverhandlungen mit dem Kanton verändert, dass die Stadt Bern stärker belastet werden müsste?

6. Steht es zur Diskussion, gewisse Aufgaben mittels neuem LV wieder zurück in die Kompetenz der Stadt zu holen?

7. Wie beurteilt der Gemeinderat die Folgen, welche die Kantonalisierung auf die Ombudsstelle hat – vor dem Hintergrund der Tatsache, dass es im Kanton keine Ombudsstelle gibt? An welche Stelle können sich die StadtbemerInnen wenden, wenn sie sich über Einsätze von Police Bern beschweren möchten? Ist der Gemeinderat bereit, sich beim Kanton für die Einrichtung einer Ombudsstelle einzusetzen?

Bern, 16. Oktober 2008

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