Am 25. März wird im Kanton Bern ein neues Parlament und eine neue Regierung gewählt. Es braucht jede linke Stimme, um der Spar-, Abbau- und Repressionsoffensive der bürgerlichen Mehrheit etwas entgegensetzen zu können.
In der Novembersession genehmigte der Grossrat eine Senkung der Gewinnsteuer für Unternehmen. Vor allem grosse Unternehmen werden damit in Zukunft weniger Steuern auf ihren Gewinnen zahlen müssen. Damit soll verhindert werden, dass Unternehmen in andere Kantone mit tieferer Gewinnsteuern ziehen. Dieser unnötige Steuerwettbewerb zwischen den Kantonen ist verheerend. Dem Kanton Bern fehlen mit der beschlossenen Steuersenkung in Zukunft Einnahmen von 103 Millionen Franken.
Wegen diesen Mindereinnahmen hat der Grossrat in der anschliessenden Debatte um das Sparpaket einschneidende Kürzungen in verschiedenen Bereichen beschlossen. Insgesamt werden mehr als 160 Millionen Franken eingespart. Gespart wird beispielsweise bei der Spitex, bei Spitälern, bei Institutionen aus dem Behindertenbereich, bei der Psychiatrieversorgung, bei Angeboten für Asylsuchende, bei den Prämienverbilligungen für die Krankenkassen (obwohl dies in einer Referendumsabstimmung 2016 abgelehnt wurde), bei der Bildung. Massiv gekürzt wird voraussichtlich auch der Grundbedarf für Menschen, die auf Sozialhilfe angewiesen sind. Der Kanton Bern senkt das Niveau des Grundbedarfs unter die Richtlinien der Schweizerischen Konferenz für Sozialhilfe (SKOS). Die Revision des Sozialhilfegesetztes wird im März in der zweiten Lesung vom Grossrat verabschiedet.
Grundrechte in Gefahr
Ebenfalls in zweiter Lesung behandelt wird im März die Revision des Polizeigesetztes. Werden die bisherigen Beschlüsse bestätigt, kommt es zu einem massiven Abbau der Grundrechte im Kanton Bern.
Die Polizei darf dann in Zukunft sogenannte Vorermittlungen durchführen, um strafbare Handlungen zu „erkennen oder zu verhindern“. Auch ohne konkreten Verdacht und ausserhalb eines laufenden Strafverfahrens erhält sie damit die Kompetenz Leute an öffentlich zugänglichen Orten zu observieren und dabei Bild und Tonaufnahmen zu machen. Dabei darf sie auch Geräte zur Überwachung des Standortes einer Person einsetzten. Zur Verhinderung von bestimmten Straftaten darf die Polizei in Zukunft überdies verdeckt Vorermitteln, das heisst, dass ein*e Polizist*in sich als jemand anderen ausgibt und so inkognito ermitteln darf. Ebenso sollen neuerdings Personen ausserhalb eines Strafverfahrens Vorgeladen und Befragt werden können.
Ausserdem erhält die Polizei künftig die Möglichkeit, die Kosten für einen Polizeieinsatz an die Person, die den Einsatz nötig gemacht hat, weiter zu verrechnen. Als Beispiele nennt der Regierungsrat „eine Ausstellung in einem Schaufenster, welche einen Personenauflauf verursacht, welcher wiederum eine Strasse blockiert und einen Einsatz der Polizei notwendig macht“ oder ein verirrter Wanderer, der mit einer Wärmebildkamera gesucht werden muss. Damit wird der Grundsatz der Solidarität durchbrochen. Das Grundverständnis der Polizei als Service Public zum Schutz von Leib und Leben und zur Gewährleistung von Sicherheit wird aufgegeben. Die Polizei wird damit zu einem Dienstleistungsbetrieb umgebaut, die im Dienste derer steht, die einen Einsatz auch bezahlen können.
Verheerend ist ebenfalls die neue Regelung, wonach den Organisator*innen einer Demonstration zukünftig die Kosten für den Polizeieinsatz auferlegt werden können. Wer organisiert in Zukunft noch eine Demo, wenn das Risiko besteht, dass anschliessend eine Rechnung von 30‘000.- bezahlt werden muss, weil es an der Demo zu Ausschreitungen gekommen ist? Da müssen dann nicht die Hände über dem Kopf zusammengeschlagen werden wenn es in Zukunft mehr unbewilligte Demos mit unbekannten Organisations-kollektiven gibt.
Widerstand ist nötig
Gegen diese Politik, die Reiche noch reicher macht und Armut fördert, gegen den Druck auf Gesundheitssystem und Bildung, gegen die zunehmende Überwachung müssen wir uns auf allen Ebenen wehren! Sei es mit Demos und Aktionen, sei es mit Vorstössen und Referenden. Und am 25. März haben wir die Chance, den Widerstand auf parlamentarischer Ebene mit unserer Stimme zu stärken.
Die JA! hat sich entschieden nicht für die Grossratswahlen zu kandidieren und ihre Energie im Moment in Aktionen und Veranstaltungen und auf die städtische Politik zu konzentrieren. Das bedeutet nicht, dass uns die kommenden Wahlen unwichtig erscheinen würden – im Gegenteil! Es braucht jede Stimme, damit die Linke im Grossrat gestärkt wird und der Protest der Strasse auch im Parlament eine Stimme hat! Es braucht jede Stimme, damit nicht noch mehr Direktionen von bürgerlichen Politiker*innen gesteuert werden!
Wir empfehlen:
Für die Grossratswahlen: Junge Grüne (Liste 14) und die Kandidierenden des Grünen Bündnis (auf der Liste 13).
Für die Regierungsratswahlen: Christine Häsler, Evi Allemann, Christoph Ammann (bisher), Christophe Gagnebin.
Am effektivsten werden die Regierungsratskandidierenden von Grüne und SP unterstützt, wenn diese vier Namen auf den Wahlzettel geschrieben werden und die restlichen Linien leer gelassen werden.
Im Ja!rgon 2/2018 von Seraina Patzen