Die Schweiz wird in Konkordanz regiert. Das bedeutet, das ganze politische Spektrum ist an der Regierung beteiligt.
Anderswo genügt eine blosse Mehrheit, um eine Regierung zu bilden, und Andersdenkende haben nichts zu melden.
Das klingt erfreulich, doch sieht es in der Realität wirklich so aus? Seit 1959 bekommen die drei Parteien mit den meisten
Nationalratssitzen je zwei Sitze im Bundesrat, während der viertgrössten Partei ein Sitz zusteht – das ist die sogenannte
Zauberformel. Diese Lösung sorgt für eine gewisse Stabilität, aber keineswegs für umfassende Repräsentation, denn es
blendet die Stimmen von grossen Teilen der Bevölkerung aus. 2019 erhielten die SVP, SP und FDP insgesamt nur 59%
der Stimmen in den Proporzwahlen zum Nationalrat, durften aber sechs der sieben Bundesräte stellen (86% des Bun-
desrates). Diese Zusammensetzung entspricht fast einer Mehrheitsregierung (wie im Ausland). Insbesondere die FDP
ist stark übervertreten. Die Tabelle unten veranschaulicht die Diskrepanz zwischen dem Rückhalt der Parteien in der
Bevölkerung und ihrer Vertretung im Bundesrat.
Anstatt gemäss Zauberformel könnte der Bundesrat in Proporz zusammengesetzt werden. Alle vier Jahre würde seine
parteipolitische Zusammensetzung anhand der Ergebnisse der Nationalratswahlen neu festgelegt werden. So könnte
man die Politik des Bundesrates direkt an den Willen der Bevölkerung koppeln und die Demokratie stärken. Das Recht,
die einzelnen Politiker*innen zu wählen, bliebe dem Parlament vorbehalten. Der Einwand, dass die Abschaffung der
Zauberformel zu einem Verlust der politischen Stabilität führen würde, ist haltlos. Das zeigen die Wahlergebnisse der
letzten Jahre. Eine weitere Möglichkeit für bessere Repräsentation wäre ein neunköpfiger Bundesrat, der auch die GLP
einbeziehen und die Vertretung von anderen kleineren Parteien stärken könnte. Diese Idee kann aber aus Platzgründen
hier nicht weiter erläutert werden.
Ergebnisse der Nationalratswahlen und Verteilung der Bundesratssitze gemäss D’Hondt-Verfahren (Verteilungsschlüssel
für Nationalrats- und andere Proporzwahlen)

Von Oscar Hughes