ja!rgon Nr. 3      August 2004

EditorJA!l
Rote Köpfe um rote Augen
Versorgungssicherheit statt Zweiklassenmedizin
Kurzsichtige Streichung von Jugendprojekten
Offroaderboom... wie weiter?
Aus dem Bahnhof vertrieben...

EditorJA!l

Welche Sicherheit wählt die Linke?

Die Wahlen rücken näher, jetzt wird im linken Lager zu härteren Bandagen gegriffen: Der GFL-Gemeinderatskandidat Alec von Graffenried hat sein Sicherheitskonzept vorgestellt. Von einem gestörten Verhältnis der Linken zur Polizei war die Rede. Er habe Angst, dass die Linke das Feld der populistischen Rechten überlasse – was dabei herauskommt, wissen wir nach zehn Jahren Wasserfallen. Das ist aber noch kein Grund, dessen Konzepte zu übernehmen. Wasserfallen will die Demos kontingentieren, von Graffenried will ihnen eine feste Route zuweisen. Wasserfallen will wegweisen, von Graffenried will wegweisen. Wir hören in von Graffenrieds „linker" Sicherheitspolitik viel von Wegweisung und Polizei, aber nichts von Freiräumen oder Prävention. Nur Polizei und Repression schaffen keine Sicherheit, sie können höchstens Widersprüche der Gesellschaft unter dem Deckel halten. Wir haben diese Symptombekämpfung satt und wählen eine wahrhaft linke Sicherheitspolitik – Sicherheit durch Solidarität, Sicherheit durch Toleranz und Sicherheit durch Freiräume.

Samuel Durrer

Rote Köpfe um rote Augen

Nach dem Nichteintretensentscheid des Nationalrates gibt es unzählige Diskussionen und ein Ende ist noch längst nicht in Sicht. Währenddessen versucht die Polizei die 400‘000 KifferInnen im Schach zu halten. Ohne die geringste Chance auf Erfolg.

Der allgemeine Aufschrei nach dem Nichteintretensentscheid des Nationalrates liess nicht lange auf sich warten: Die Einen forderten vermehrte Durchsuchungen und höhere Bussen, denn sie sahen den Entscheid als Bestätigung, dass das Cannabis-Problem nicht durch Legalisierung, sondern durch stärkere Repression gelöst werden soll. Die Anderen fanden diese Schlussfolgerung absolut verfehlt und sprachen sich für einen angemessenen Umgang mit dem Problem aus, was unter anderem auch mehr Prävention bedeuten würde.

Auch wenn die Meinungen weit auseinander gehen, auch wenn der Nationalrat sich nicht mit dem erhöhten Cannabis-Konsum befassen will, ist jeder und jedem klar das Problem bleibt bestehen und es muss eine Lösung gefunden werden.

Doch was ist jetzt die geeignete Lösung? Kann denn stärkere Repression wirklich dazu verhelfen, dass 400‘000 SchweizerInnen die Finger vom Joint lassen? Vielleicht würde es dazu führen, dass weniger in Zügen und öffentlichen Pärken gekifft würde, eben dort, wo die Polizei ihre Kontrollen durchführt. Aber was kann die Polizei gegen Kiffer machen, die ausserhalb des öffentlichen Raumes kiffen? Kaum etwas. Dazu kommt noch, dass sowohl Kauf, wie auch Konsum im Versteckten erfolgt, so dass es noch schwieriger wird das Ausmass des Problems zu kennen. Dies zeigt, dass eine effiziente Repression auch dann nicht möglich wäre, wenn die Polizei monströs ausgebaut würde.

Die andere Lösung besteht darin, Hanf zu legalisieren. Der Gedanke dahinter ist nicht etwa, dass Hanf völlig harmlos ist und es deshalb unnötig ist, das Kiffen zu verbieten. Es geht darum, endlich der Realität ins Auge zu sehen, dass ein nicht unerheblicher Teil der SchweizerInnen regelmässig kifft und die Polizei nicht ein Hauch von einer Chance hat, dies langfristig zu verhindern. Bei allfälliger Legalisierung gäbe es auch die Möglichkeit, den Verkauf von Cannabis zu überwachen und zu steuern, um so 1. die Kontrolle über Kauf und Konsum zu haben und 2. natürlich auch den Schwarzmarkt zu verdrängen. Zudem ist auch geplant, eine Steuer auf Hanf zu erheben, so dass weiteres Geld zur Verfügung stehen würde, zum Beispiel zur Finanzierung der AHV/IV und eben auch für eine umfassende Suchtprävention. Letztere muss wirklich ernsthaft betrieben werden, denn Kiffen soll auf keinen Fall verharmlost werden, sondern jedeR soll über Wirkungen und Folgen aufgeklärt sein.

Ein Schritt in diese Richtung ist die Hanfintitiative i, die aber erst in einigen Jahren vors Volk kommen wird. So müssen wir uns wohl in den nächsten Jahren mit noch mehr Diskussionen und Polizeiaktionen herumschlagen.

Lea Bill

Versorgungssicherheit statt Zweiklassenmedizin

Mit einem Referendum bekämpfen der vpod bern und die Berufsverbände im Gesundheitswesen das neue Spitalversorgungsgesetz (SpVG), das die Privatisierung der öffentlichen Spitäler vorsieht. Die Folgen dieses Gesetzes und weshalb sich die JA! für das Referendum stark machen will erklärt Pflegefachmann und JA!-Aktivist Andreas Greull.

Heute garantieren öffentliche Spitäler - dank demokratischer Kontrolle durch Volk, Parlament und Regierung – mit einer breiten fachlichen Abdeckung und durch gute medizinische Infrastruktur und Belegschaft eine Versorgungssicherheit für alle Regionen und Bevölkerungsschichten. Mit dem neuen SpVG soll die Aktienmehrheit und damit die strategische Kontrolle der künftigen regionalen Spitalzentren (RSZ) an Private abgegeben werden. In der Folge werden sich die RSZ dem Markt anpassen und wenig erträgliche Leistungen reduzieren. Es bleibt eine Frage der Zeit, bis eine rasche und umfangreiche medizinische Versorgung ein Privileg der Reichen ist.

Ist Gesundheitspolitik ein Thema für die JA!? Folgende 10 Fragen an junge Menschen sollen darüber Aufschluss geben:

  1. Bist Du in den letzten 32 Jahren (Alter des ältesten JA!-Aktivisten) einmal schwanger, krank oder verletzt gewesen?

  2. Bist Du sicher, dass Du in den nächsten 83 Jahren (Der jüngste JA!-Aktivist ist 17 Jahre alt) nie ins Spital musst?

  3. Bist Du bereit, unter Schmerzen 60 km Velo- oder Zugfahrt (JA!-AktivistInnen fahren nur selten Auto) und 24 Stunden Wartezeit für eine medizinische Behandlung auf Dich zu nehmen?

  4. Bist Du bereit, Dich ausschliesslich von auszubildenden ÄrztInnen und Pflegenden behandeln zu lassen (Ausnahme: JA!-Medizinstudent Toni wird sich wie JA!-Pflegefachmann Andreas auch noch nach seinem Studium um Dich kümmern)?

  5. Bist Du bereit, eines Tages eine eigene Familie zu ernähren (Wichtiges Ziel der JA!, damit die Stadt Bern nicht völlig überaltert, auch im Stadtrat)?

  6. Bist Du sicher, dass Du die Krankenkassenprämien für eine ganze Familie bezahlen kannst (JA!-AktivistInnen können nicht einmal ihre eigene bezahlen)?

  7. Bist Du bereit, Deine Eltern – wenn sie alt sind – selbst zu Hause zu pflegen (vergiss deine Kinder und deinen Job nicht)?

  8. Bist Du damit einverstanden, die Leistungen des Staates abzuschaffen und dafür immer mehr Steuern zu zahlen (Tipp: Die JA!-AktivistInnen sind nicht damit einverstanden)?

  9. Bist Du daran interessiert, eine Ausbildung im Gesundheits-wesen zu machen (Pflegefachfrau/mann ist ein Traumberuf!)?

  10. Bist Du sicher, dass Du im Gesundheitswesen immer einen Job haben wirst (gemeint ist ein bezahlter Job, nicht die Pflege deiner Kinder oder Eltern zu Hause)?

Das Referendum sieht vor, dass die Aktienmehrheit der RSZ in öffentlicher Hand bleibt und dass die Arbeitsbedingungen dank einem Gesamtarbeitsvertrag attraktiv bleiben und kompetente Personal nicht davonläuft. Bitte unterschreibe die beigelegte Unterschriftenkarte und sende diese an den vpod!

Kurzsichtige Streichung von Jugendprojekten

Der Gemeinderat der Stadt Bern hat dem Kultur- und Jugendzentrum Gaskessel Beiträge gekürzt. Die JA! setzt sich dafür ein, dass dieser Entscheid rückgängig gemacht wird und das die geplanten Jugendprojekte realisiert werden können.

Das Jugend- und Kulturzentrum Gaskessel schliesst mit der Stadt Bern jeweils einen einjährigen Leistungsvertrag ab. Diesmal hat der Gesamtgemeinderat den jährlichen Betrag um 24 000 Franken reduziert. Mit der Begründung, dass die Stadt dem Gaskessel die Billettsteuer auf kulturellen Veranstaltungen erlässt. Der Gemeinderat hat allerdings bei seinem Entscheid nicht berücksichtigt, dass die gestrichenen Subventionen für den Gaskessel Abstriche in der Jugendarbeit bedeuten, denn der Kulturbetrieb muss sich selbst finanzieren.

Im Vorfeld des GR-Entscheides hat der Gaskessel mit der Direktion für Soziale Sicherheit (DSO) trotz Wegfall der Billetsteuer ausgehandelt, dass die Abgeltung im Rahmen des Leistungsvertrages 2004 nicht gekürzt, dafür zusätzliche Leistungen im Bereich der Jugendarbeit erbracht werden. Der Gaskessel plant ein Jugendmedienprojekt von Jugendlichen für Jugendliche (mehr Infos dazu unter www.youthguide.ch) zu unterstützen und Jugendlichen in sozial schwierigen Situationen (z.B Arbeitslosigkeit und/oder jugendgerichtlicher Massnahmenvollzug) betreute und befristete Arbeitseinsätze anzubieten. Doch diese Projekte können nun nicht realisiert werden, was unsinnig und unverständlich ist. Insbesondere der Verzicht auf die betreute Beschäftigung von Jugendlichen kann die Junge Alternative JA! nicht nachvollziehen. In der aktuellen politischen und gesellschaftlichen Situation, in welcher Jugendarbeitslosigkeit und Jugenddelikte akute Themen sind, ist ein solcher Entscheid unverständlich. Die Sparwut bei solchen Jugendprojekten ist äusserst kurzsichtig und visionslos, denn sie tragen wegen ihrer hohen Integrationswirkung einen wichtigen Teil zum gesellschaftlichen Zusammenleben bei.

Doch das letzt Wort ist noch nicht gesprochen. Die JA! Stadträte Simon Röthlisberger und Erik Mozsa haben noch vor der Sommerpause eine dringliche Richtlinienmotion eingereicht, indem Sie den Gemeinderat dazu auffordern die Jugendprojekte des Gaskessels zu fördern und deshalb die Höhe der Abgeltung für den Gaskessel beizubehalten.

Um dieser Forderung zu unterstützen, macht die JA! gemeinsam mit den GaskesselbetreiberInnen, der JUSO und der Gewerkschaftsjugend am 2. September um 19.00h eine Aktion vor dem Berner Rathaus. An diesem Abend wird der Stadtrat über die JA!-Motion abstimmen. Kommt vorbei und setzt ein Zeichen für wichtige Jugendprojekte in der Stadt Bern!

Anne Wegmüller

Offroaderboom... wie weiter?

Im Kampf für eine nachhaltige Gesellschaft ist die Mobilität eine grosse Hürde. Deshalb entschlossen sich die jungen grünen schweiz gegen die grösste Fehlentwicklung im Privatverkehr vorzugehen, gegen den Panzerauto-Boom.

Die jungen grünen haben mit ihrer Kampagne eine grosse Medienpräsenz erreicht! Die Stopp-Offroader-Kleber, sind ein voller Erfolg. Die Nachfrage ist gross. Das Thema in aller Munde.

Junge grüne Menschen stehen nicht alleine gegen den Geländewagenboom ein. Sogar prominente ausländische PolitikerInnen werden gegen die Offroader aktiv! Der Bürgermeister von London bezeichnet Geländewagenfahrer als völlige Idioten und die Bürgermeisterin von Paris will die schweren 4x4 für Gebiete in der Stadt verbieten. Im Parlament von Paris wurde ein grüner parlamentarischer Vorstoss gutgeheissen, welcher schwere Geländewagen bei der Überschreitung des ersten Luftgrenzwertes in der ganzen Stadt verbieten will! Aber auch in der Welschen Schweiz ist ein breiter Widerstand gegen die Geländewagen erwacht.

Schwere Geländewagen sind nicht für den Privatverkehr gedacht. Eine stärkere Besteuerung dieser Wagen wäre nur ein halber Erfolg. Denn ein Panzerauto stellt nicht nur eine zusätzlich Belastung für die Umwelt dar, ein schwerer Geländewagen ist aufgrund seiner Masse eine Gefahr für alle, die umweltfreundlich unterwegs sind. FussgängerInnen und VelofahrerInnen werden durch die höhere Aufprallstelle viel schneller tödlich verletzt. Aber auch für eine/n SmartfahrerIn oder eine/n TwikefahrerIn stellt ein schwerer Geländewagen bei einer Kollision ein viel höheres Risiko dar als ein herkömmliches Auto. Diese Gefährdung der VerkehrsteilnehmerInnen kann nicht per Steuer ausgeglichen werden.

Um über das Geländewagenthema zu informieren und die VerkehrsteilnehmerInnen für die Gefahren zu sensibilisieren, findet am 21. August um 13.30h in Bern eine Veranstaltung unter dem Motto „Offroaderboom – wie weiter?" statt. VertreterInnen von VCS, Greenpeace, Verein für Strassenopfer etc. werden in kurzen Präsentationen die Problematik aus ihrer Sicht darlegen. Danach findet eine Podiumsdiskussion zum Thema statt. Ein Apéro gibt’s selbstverständlich auch. Mehr Infos unter www.4x4.jungegruene.ch

Aline Trede
JA! und junge grüne schweiz

Aus dem Bahnhof vertrieben....

Wer im städtischen Teil des Berner Bahnhofs absitzt, Fluglätter verteilt, mit dem Skateboard herumflitzt, sich mit Freunden trifft und verweilt, Unterschriften sammelt oder die eigene Meinung kundtut, muss mit einer saftigen Busse rechnen. JA!AktivistInnen wehren sich dagegen. Ein Erlebnisbericht von Anne Wegmüller.

Eines Morgens anfangs März, als ich inmitten der gestressten Menschenmenge durch den Bahnhof Bern gehe, fällt mir in der Christoffelunterführung eine neumontierte, silberne Tafel mit eingravierten Buchstaben auf. Ich bleibe stehen: BAHNHOFORDNUNG (repressiver Art), gezeichnet von Wasserfallen und dem Gerichtspräsidenten.

Unglaublich! Dass vor nicht allzu langer Zeit alle Bänke im städtischen Teil des Bahnhofs abmontiert wurden, zeigt, dass der Berner Bahnof nur für zielstrebig auf den nächsten Zug oder in den nächsten Laden hetzende PasanntInnen gedacht ist. Die Fortsetzung davon ist die Bahnhofordnung, welche wieder einmal mehr eine untolerierbare, wasserfall‘sche „aus den Augen - aus dem Sinn-Politik" zeigt.

Gemeinsam mit rund 30 anderen Pesonen und 10 Organi-sationen erhob ich Rechtsvorschlag gegen diese neue Bahnhof-ordnung. So leicht zieht Wasserfallen keine eigenmächtigen Verbote durch! Gleichzeitig organisierten wir AktivistInnen der Jungen Alternative JA! gemeinsam mit der JUSO ein Protest-Pick-Nick gegen diese repressive Ordnung. 40 junge Menschen assen an einem Dienstagmittag mitten in der Christoffelunterführung ihr Mittagessen und informierten die PassantInnen mit einem Flugblatt über die neuen Verbote.

Doch nun wird es ernst. Ende September müssen alle Frauen und Männer, die Rechtsvorschlag erhoben haben, vor Gericht antreten. Offenbar kann Wasserfallen nicht damit leben, dass für einige Leute seine menschenunwürdigen Verbote nicht gelten.

Doch wir geben nicht auf. Im Bahnhof Bern soll es für alle Menschen Platz haben! Am 13. September findet einmal mehr eine Aktion gegen Wasserfallens Repression im öffentlichen Raum statt. 12-14h in der Christoffelunterführung.

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