ja!rgon Nr. 3      Dezember 2003

JA!hrein, JA!hraus
Stadt muss Bahnhof-Bänke wieder montieren!
Es weihnachtet (zu) sehr
Wenn wir alt sind, wollen wir nicht nur von einer AHV träumen
Ein Rückblick auf ein gutes Jahr Arbeit im Grossen Rat
Rückblick auf ein erfolgreiches Jahr im Stadtrat
Die JA!-fpl im Jahr 2003

JA!hrein, JA!hraus

Was macht eine kleine Partei wie die JA! in einer Zeit, in der nicht einmal die Bundesratsparteien ihre Interessen durchsetzen und ihre Sitze halten können? Ist die JA! nicht viel zu klein und unbedeutend, um auf der politischen Ebene etwas zu bewirken oder gar zu verändern?

Auch in diesem Jahr hat die JA! bewiesen, dass es nicht immer nur auf die Grösse der Partei ankommt, ganz im Gegenteil, dass es kleine Parteien braucht. Wir haben nicht nur grosse Anlässe wie die Friedensdemos, das Lipa-Fest oder die Rentenklaudemo tatkräftig unterstützt, sondern auch Actions zu aktuellen Themen auf die Beine gestellt. So haben wir uns kurz vor der Abstimmung über das neue Einbürgerungsreglement in Schale geworfen und mit einem Fragebogen das Wissen der Berner Bevölkerung in Schweizer Fragen getestet. Den Stempel „Schweizer Bürger" bekam nur, wer unseren Test bestanden hatte. Zudem sind wir, in Zusammenarbeit mit anderen Jungparteien, in diesem Jahr zweimal frühmorgens vor dem Bundeshaus gestanden und haben die Nationalräte und Nationalrätinnen in Gärtnermontur dazu aufgefordert, einen Hanfsamen zu säen, in der Hoffnung, dass nicht nur der Hanf, sondern auch die Meinung der Politiker gedeihen wird.

Nicht nur auf der Strasse, sondern auch in den Ratssälen, genauer im Stadt- und Grossrat, haben wir auf uns aufmerksam gemacht. Immer wieder haben sich die JA!-Vertreter, vielfach in Zusammenarbeit mit anderen grünen Parteien, mit Vorstössen und Motionen für eine umweltfreundlichere Politik eingesetzt und gegen Sparmassnahmen gekämpft.

Wie das nächste Jahr der JA! aussehen wird, weiss niemand. Fest steht, es wird weiterhin mit ihr zu rechnen sein, denn wer sonst bringt den frischen Wind in die Politik und zeigt den alteingesessenen Parteien, dass es auch anders geht?

Lea Bill

 

Stadt muss Bahnhof-Bänke wieder montieren!

Letzten Winter hat der Berner Gemeinderat beschlossen, die Sitzbänke in der Christoffel-Unterführung im Bahnhof zu entfernen, weil sich auf den Bänken „Randständige" niederliessen, die, so der Gemeinderat, PassantInnen anpöbelten und Dreck hinterliessen. Am 20. November 2003 wurde nun ein Vorstoss der Fraktion GB/JA!/GPB vom Stadtrat gutgeheissen, der die Wiedermontage der Bänke und eine engere Zusammenarbeit mit den gassennahen Institutionen forderte.

Eindeutig: Die Abmontage der Sitzmöglichkeiten im Bahnhof war ein weiterer Streich der SauberkeitsfanatikerInnen und Schritt zur Überwachung des öffentlichen Raums. Der Gemeinderat bekämpfte Symptome und meinte damit, die Ursache zu beheben!

Ganz offensichtlich gehört der öffentliche Raum den Reichen und Wohlhabenden, die nicht in den kalten Wintermonaten Zuflucht im geheizten Bahnhof suchen müssen. Gezielt ausgegrenzt werden dabei Randständige, die angeblich das Stadtbild stören.

Lebensraum Bahnhof

Für viele ist der Bahnhof reiner Druchgangsweg und Shoppingmeile. Aber nicht alle meistern die Distanzen im Bahnhof im Siebenmeilenschritt: Auch behinderte und alte Menschen sind auf Sitzgelegenheiten angewiesen. Oder Leute, die schlicht und einfach auf ein öffentliches Verkehrsmittel warten und müde sind, vermissen die Sitzbänke. Die Abmontage der Bänke im Bahnhof betrifft alle: Alte, Junge, Randständige und Yuppies, Arme und Reiche!

Die Liste der Orte, wo sich manchmal auch Randständige niederlassen und folglich auch die Bänke entfernt werden müssten, lässt sich beliebig erweitern und zeigt die unglaubliche Willkür des Gemeinderats.

Erfolgreicher Widerstand

Der Unmut und die Wut der Hauptbetroffenen über die Entfernung der Bänke ist gross. Die gassennahen Institutionen Berns reichten zwar eine Petition mit 1‘700 Unterschriften für Bänke in der Christoffel-Unterführung ein, doch der Gemeinderat reagierte nicht.

Zusammen mit den gassennahen Institutionen Berns machten JA!-AktivistInnen am 20. November 2003 vor der „Bänkli-Debatte" im Stadtrat auf die Missstände aufmerksam. Mit Melchstühlen an den Lenden verteilten die ca. 35 anwesenden Personen Flugblätter an StadträtInnen, JournalistInnen und PassantInnen. Der lautstarke Protest gegen die „aus den Augen aus dem Sinn Politik" des Gemeinderats zeigte Wirkung: Der Vorstoss, der die Wiedermontage der Bänke und eine engere Zusammenarbeit mit den gassennahen Institutionen forderte, wurde gutgeheissen.

Literaturtip zum Thema:

Davis, Mike 1994: City of Quartz. Die Ausgrabung der Zukunft in Los Angeles. Berlin: Buchläden Schwarze Risse/Rote Strasse.

Der Stadtsoziologe Mike Davis beschreibt u.a. wie in L.A. der öffentliche Raum „abgeschafft", „sadistische Strassenumwelten" konstruiert und „pennersichere Busbänke" entwickelt werden. Die Lektüre regt zum Nachdenken an und macht deutlich, wie pervers öffentlicher Raum gestaltet werden kann.

Simon Röthlisberger

 

Es weihnachtet (zu) sehr

Von Weihnachtsterroristen und Lichterketten

Verlässt mensch in diesen Zeiten glücklich und fröhlich morgens ihre/seine vertraute Wohnung, kann sie/er sich seines Wohls nicht mehr sicher sein. Die Gefahr ist enorm gross, dass man unvermutet vom Weihnachtsterroristen überwältigt und erschlagen wird. Mensch sollte jetzt nicht denken, dass er/sie besser geschützt ist, wenn es dunkel ist. Zu diesen Tageszeiten ist man dem Terror noch viel mehr ausgesetzt. Über die Strassenschluchten sind unzählige Lichterketten gespannt, in den Schaufenstern leuchten, blinken und flunkern ebenfalls unzählige Lämpchen, mit dem Zweck irgend einen billigen Weihnachtsmann, oder sonstige sinnlose Schaufensterdekorationen zu beleuchten.

Nun ja, manche fragen sich jetzt sicher, was ich daran auszusetzen habe, Weihnachten sei doch etwas Schönes, das Fest der Freude und der Liebe, und überhaupt würden doch diese Lichter, putzigen Dekorationen, Düfte etc. dem ganzen die nötige, heimelige Atmosphäre verleihen, dies gehöre doch einfach dazu.

Kann sein, aber bitte doch nicht schon anfangs November. Wer kommt denn schon auf die Idee zu dieser, noch fast sommerlichen Zeit an Weihnachten zu denken? Vermutlich niemand, ausser natürlich diejenigen, die diesen Frühling aufgrund der ach so übereifrigen Friedensdemonstranten so grosse Verluste gemacht haben, dass sie dieselben jetzt halt zu Weihnachten wieder wettmachen wollen. Freuen wir uns auf das nächste Jahr, es wird viel zu demonstrieren geben, vielleicht wird dann Weihnachten sogar zweimal gefeiert.

Im Gedenken an die einsame, stolze, sieben Meter hohe Tanne, welche schon seit einem Monat dem tristen Thuner Aarefeldplatz eine gemütliche Atmosphäre verleihen soll,...oder auch nur noch mehr Kaufwütige in den Manor oder den angrenzenden Starböcks Köfishöp locken soll...

Samuel Burri

 

Wenn wir alt sind, wollen wir nicht nur von einer AHV träumen

Gegen die 11. AHV-Revision wurde das Referendum ergriffen. Auch de JA! wehrt sich gegen die unsozialen Massnahmen. In Zukunft droht die AHV im Sparsumpf unterzugehen.

Vergangenen Monat wurde im Rahmen einer nationalen Referendumsaktion der Gewerkschaften innerhalb von 48 Stunden über 80‘000 (nötig: 50‘000) Unterschriften gegen die 11. AHV-Revision gesammelt. Diese Sammelaktion ist rekordverdächtig. Auch einzelne Personen der JA! standen während diesen zwei Tagen auf der Strasse und haben Unterschriften gegen die AHV-Abbau-Revision gesammelt.

Doch warum bewegt die 11. AHV-Revision so viele Menschen und weshalb ist sie nicht tolerierbar?

Der Sozialabbau nimmt bei jeder AHV-Revision zu. In den folgenden Bereichen bestätigt auch die aktuelle Vorlage diese Tatsache:

Das Rentenalter der Frauen wird, ab dem Jahr 2009 auf 65 Jahre heraufgesetzt. Dadurch sind Frauen gezwungen länger erwerbstätig zu sein, oder sich mit Kleinstbeschäftigungen bis zur Pension durchzuschlagen. Doch diese Abbauvorlage, die 450 Mio. Franken einspart, ist nicht (nur) zum Nachteil der älteren Frauen sondern auch der jungen Menschen. Weil die Frauen künftig länger arbeiten müssen, gibt es weniger Stellen auf dem Arbeitsmarkt für jüngere Menschen. Diese Sparmassnahme ist in einer Zeit mit hoher (Jugend-)Arbeitslosigkeit völlig fehl am Platz.

Weiter will das Parlament 250 Mio. Franken sparen indem es die Witwenrente auf Frauen mit Kinder beschränken will. Gleichzeitig wird die Witwenrente von 80% auf 60% reduziert.

Die Renten sollen neu nur jedes dritte statt wie bisher jedes zweite Jahr an die Teuerung angeglichen werden. Abbau: 150 Mio. Franken. Die Renten sind bereits heute für viele Rentnerinnen und Rentner nicht Existenz sichernd. Dieser Abbau bringt nicht nur einen Kaufkraftverlust, sondern er bringt diese Menschen in noch grössere finanzielle Schwierigkeiten, für die die AHV die einzige Einnahmequelle ist.

Das flexible Rentenalter können sich in Zukunft nur noch die Besserverdienenden leisten. Bei der Abstimmung über die 10. AHV-Revision wurde eine soziale Flexibilisierung des Rentenalters versprochen. Ursprünglich waren über eine Milliarde Franken dazu vorgesehen. Doch dieses Versprechen wurde gebrochen und der Betrag auf lumpige 150 Mio. Franken gekürzt.

Diese Verschlechterungen zeigen, dass es sehr wichtig ist, dass auch wir als junge Menschen uns gegen diese 11. AHV-Revision und für eine soziale AHV einsetzten. Denn wenn es so weiter geht, können wir als alte Menschen nur noch von einer AHV träumen.

Anne Wegmüller

 

Ein Rückblick auf ein gutes Jahr Arbeit im Grossen Rat

Im April 2002 errang die Junge Alternative JA! einen Sitz im Grossen Rat. Seither nehme ich fünfmal jährlich an den jeweils zweiwöchigen Sessionen des Grossrates und als Vertreter der Fraktion Grünes Bündnis/Junge Alternative an den regelmässig stattfindenden Sitzungen der Finanzkommission teil.

Obwohl wir Linksgrünen im Grossen Rat in einer klaren Minderheitsposition sind und auch die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen unsere Anliegen derzeit nicht begünstigen, sind politische Erfolge sehr wohl möglich. Jüngstes Beispiel dafür ist der Entscheid des Grossen Rates, den Kantonsbeitrag an die Stadt- und Universitätsbibliothek um 300 000 Franken zu erhöhen und die StUB damit vor massiven Sparmassnahmen zu verschonen. Zu diesem schönen und für den Bildungsstandort wichtigen Erfolg hat die Fraktion Grünes Bündnis/Junge Alternative massgeblich beigetragen.

Neben der Arbeit im Grossen Rat wird es im kommenden Jahr vor allem aber viel Druck von der Strasse brauchen, um die Startbedingungen von linksgrünen und jungen Anliegen auf kantonaler Ebene nicht massiv zu verschlechtern. Die sogenannte Steuersenkungsinitiative der bürgerlichen Wirtschaftsverbände würde den Kanton beispielsweise jährlich um über 400 Mio. Franken einnahmen berauben, was einen enormen Abbau im Bildungs- und Sozialbereich nach sich ziehen würde. Um also einen Spielraum für die Umsetzung ökologischer, jugendlicher und sozialer Anliegen zu erhalten, müssen wir im nächsten Jahr den Kampf gegen die verantwortungslose Raubzuginitiative aufnehmen. Dass Erfolge auch auf dieser Ebene möglich sind, hat der deutliche Abstimmungssieg gegen den Olympiakredit Bern 2010 gezeigt.

Blaise Kropf

 

Rückblick auf ein erfolgreiches Jahr im Stadtrat

Die zwei JA!-Stadträte blicken auf ein bewegtes Jahr zurück. Die Berner Stadtpolitik war im 2003 in den Medien omnipräsent. Der Ex-Polizeidirektor liess sich nicht ins Wasser fallen und rettete sich in die Finanzdirektion. Interessiert schaute die JA! dem Hick-Hack im Gemeinderat zu und organisierte zur gleichen Zeit eine parteiübergreifende Pressekonferenz: Junge StädträtInnen von links bis mitte-rechts setzten sich für das inzwischen vom Volk angenommene neue Einbürgerungsreglement ein.

Anstatt sich im politischen Geplänkel zu zermürben, brachte die JA! in der Ratsarbeit einiges zustande. Zusammen mit unseren Fraktionspartnern Grünes Bündnis GB und der Grünen Partei Bern GPB setzten sich die JA!-Stadträte für eine soziale und umweltfreundliche Politik ein. Vehement verteidigte die JA! die Reitschule gegen Angriffe von Rechts und prägte das eben diesen Herbst in Kraft getretene Reglement über die Mitsprache von Kindern und Jugendlichen entscheidend mit. Mit einem Vorstoss zur Zwischennutzung von leerstehendem Wohnraum forderten wir Massnahmen gegen die Wohnungsnot. Zudem leisteten die beiden JA!-Stadträte Kommissionsarbeit in der Einbürgerungskommission und der Kommission für Bildung, Umwelt, Integration und Soziale Sicherheit.

Erik Mozsa, Simon Röthlisberger

 

Die JA!-fpl im Jahr 2003

Frohen Mutes trat die JA!-fpl ein neues Jahr Studierendenpolitik an und schnappte sich gleich einmal das Rats-Vize-Präsidium. So fing alles ganz gelassen an: Wir setzten uns ein für mehr Computerräume und Computerkurse für Studis und ein Merkblatt für Dozierende, in dem wir forderten, sie möchten doch bitte ihre Vorlesungen geschlechtsneutral halten und auf diskriminierende Witzchen verzichten. Ebenso wurde unser Antrag für geschlechtsneutrale E-mail-Adressen überwiesen. Zudem findet dank unserer Initiative weiterhin am Ende des Jahres ein SUB-Jassturnier statt. Schliesslich durften wir uns noch über die Wahl von Sämi Durrer für die JA!-fpl in den SUB-Vorstand freuen und das anschliessend mit ein paar Bier begiessen.

Dann begann der heisse Sommer und mit ihm auch viel Arbeit für die JA!-fpl. Die StudentInnenschaft der Uni Bern (SUB) torkelte fröhlich einem nicht ganz kleinen Defizit entgegen. Und so wurde Taskforce um Taskforce eingesetzt, da und dort Sparvorschläge diskutiert, ohne die Ziele der SUB zu gefährden. Die JA!-fpl dachte und diskutierte eifrig mit, ein spannender, aber sitzungsbeladener Sommer folgte und der Herbst sollte ihm in nichts nachstehen. Als Mitglied der GPK stiess die JA!-fpl auf nicht wenige interne Probleme, welche immer noch in Diskussion sind. Dazwischen war die JA!-fpl auch mit dem Slogan „Mehr Fairness an der Uni" am Erst- semstrigentag präsent und traf sich anschliessend zu einer Perspektivensitzung, die diesen Solgan auch weiterziehen möchte.

Trotz aller Probleme blickt die JA!-fpl motiviert ins neue Jahr und möchte endlich wieder vermehrt inhaltliche Fragen im Studierendenrat diskutieren, da diese in den letzten paar Monaten aufgrund der organisatorischen Probleme zu kurz kamen. Für Anregungen sind wir jederzeit offen: Meldet euch unter morgaine(at)student.unibe.ch und besucht die Internetseite des Studierendenrats: www.unipolitik.ch.

Sonja Kobelt

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