Für meine Abschlussarbeit für die Berufsmaturität befasse ich mich mit Jugendlichen mit Migrationshintergrund und ihren Herausforderungen. Ich habe mich mit der Frage auseinandergesetzt, was geschehen muss, damit Jugendliche mit Migrationshintergrund nach der obligatorischen Schulzeit die gleichen Chancen haben, wie Kinder ohne Migrationshintergrund.
Von Ronja Rennenkampff
Seit 2009 hat die Stadt Bern ein Integrationskonzept und setzt damit die integrative Schule um. Dieses Konzept legt fest, dass Kinder wenn immer möglich in Regelklassen eingeschult werden sollten. Je nach Förderung, die sie benötigen, können sie einzelne Kurse ausserhalb ihrer Regelklasse besuchen. Zum Beispiel Deutsch als Fremdsprache. Von aussen betrachtet, klingt dies alles schön und gut. Fakt ist, dass schon nur die Unterschiede in den Berner Schulen enorm sind. Im Schulhaus Schwabgut besuchen in einem Kindergarten ausnahmslos alle Kinder den Unterricht Deutsch als Fremdsprache. Wenn alle Kinder in einer Klasse integriert werden müssen, dann kann nicht mehr wirklich von integrativer Schule gesprochen werden. Bei einem hohen Anteil von sogenannten Risikoschüler*innen, können sich die Leistungen exponentiell verschlechtern. Zu diesem Schluss kommt der Bildungsbericht 2023. Sprich Kinder aus dem Schulhaus Schwabgut haben zu Beginn nicht die gleichen Chancen, wie ein Kind, dass im Kirchenfeld zur Schule geht. Dies ergibt sich aus meinen Recherchen, aus Zeitungsartikeln und eben zum Beispiel dem Bildungsbericht.
Sie vergessen jedoch eine wesentliche Sache, wie ich beim Führen der Interviews und schauen von Videos von Betroffenen merke, nämlich das Verhalten der Lehrpersonen. Ich lege deshalb allen ans Herz, sich mit dem Online-Magazin Baba News auseinanderzusetzen. Da sprechen Menschen mit Migrationsbiografie über ihre Erfahrungen. Auch die rassistischen Erfahrungen, welche sie in der Schule erlebt haben. Zum Beispiel, dass die Lehrpersonen während ihrer ganzen Schulzeit ihren Namen falsch ausgesprochen haben. Dass sie dem Albaner eine Maurerlehre empfohlen haben, obwohl er mit seinen Noten locker eine KV-Lehre oder das Gymnasium hätte anstreben können. Dass sie Kinder mit einem nicht typischen Schweizer Namen für ihr Schweizerdeutsch oder allgemein für ihre Leistungen speziell lobten, obwohl schweizerdeutsch ihre Muttersprache ist. Viele denken, sie tun den Kinder damit einen Gefallen oder meinen es nur gut. Jedoch müssen wir und vor allem die Lehrpersonen uns bewusst sein, dass dieses Kind das wahrscheinlich nicht zum ersten Mal hört. Dass wahrscheinlich viele Menschen Mühe haben, ihren Namen auszusprechen oder ihn falsch aussprechen. Das ist das Problem. Weil das Kind verinnerlicht damit, dass es anders ist, sowieso schlechter als die Anderen und am Schluss glaubt es selber nicht mehr, dass das Gymnasium vielleicht eine Möglichkeit wäre. Und zwar selbst dann, wenn das Kindkognitiv auf dem gleichen Stand wäre, wie seine Mitschüler*innen.
Ich bin überzeugt, dass das zu einem grossen Teil zur Chancenungleichheit beiträgt. Da können Bilundungsforscher*innen noch so viel zu integrativer Schule forschen und Konzepte entwickeln – wenn die Lehrpersonen im Studium nicht genügend sensibilisiert werden, wie viel Schaden sie mit kleinen Aussagen anrichten können, werden wir nie Chancengleichheit erreichen.
Bildunterschrift:
In einem Beitrag von Baba News erzählt Arbnora von ihrem Experiment an Lehrpersonen, wo ein albanischer Junge systematisch schlechter bewertet wird. Quelle: babanews.ch