Der Berner Stadtrat hat heute (26.02.2015) eine Diskussion aus aktuellem Anlass zur Reitschule geführt.
Das Votum der JA! (von Seraina Patzen) hier für alle:
„Die temporäre Schliessung, eine Polizeiwache in der Reitschule oder rund-um-die-Uhr eine Videoüberwachung auf dem Vorplatz: Die bürgerlichen PolitikerInnen dieser Stadt übertreffen sich zur Zeit selber mit kreativen Vorschlägen wie solche Vorfälle wie der vom letzten Freitag in Zukunft verhindert werden können. Die mediale Diskussion wird mit immer neuen Forderungen und immer eindringlicherer Empörung über die Gewalt kräftig angeheizt. Die Vorfälle bieten die perfekte Vorlage für einen erfolgreichen Wahlkampf von einigen bürgerlichen Herren. Sie können sich als Hardliner, als die Politiker, die eben durchgreifen und endlich mal etwas machen, profilieren.
Alle diese sogenannten Lösungsvorschläge sind untauglich. Wenn uns jetzt ein feines Lüftchen aus den 80er Jahren um die Nase weht, dann würden wir bei einer temporären Schliessung der Reitschule den Sturm aus den 80 Jahren fühlen. Ich war in damals zwar noch nicht auf der Welt, aber die meisten von euch können sich wohl daran erinnern.
Eine Schliessung der Reitschule würde sich die Jugend der Stadt Bern, die jedes Wochenende die Reitschule besucht, nicht einfach so gefallen lassen. Weil in der Reitschule ist sie willkommen, hier findet sie einen Freiraum vor, hier trifft sie ihre Freundinnen und Freunde. Wenn es die Reitschule nicht gäbe, wüssten viele Leute nicht mehr, wo sie in dieser Stadt eigentlich noch ihren Platz haben.
Untauglich sind diese Lösungsvorschläge auch deshalb, weil sie der Reitschule die gesamte Verantwortung für die Vorfälle von letztem Freitag in die Schuhe schieben. Dabei ist nur so viel klar: Die Täter sind in Richtung Reitschule geflüchtet. Sie haben sich nicht in die Reitschule zurückgezogen. Es ist falsch, wenn wir nach jedem solchen Vorfall eine Grundsatz-Diskussion über die Reitschule führen. Die Reitschule führt Gespräche mit der Stadt und die Reitschule hält sich an den Leistungsvertrag. Es ist dieser Weg, den wir weiterverfolgen müssen. Diese Eskalationsstrategie, die jetzt betrieben wird, bringt ganz sicher niemanden weiter.
Dann noch ein paar Worten zu der Rethorik, mit der im Moment einige Politiker und Journalisten arbeiten:
Die FDP hat uns letzte Woche im Rahmen der Debatte zur Untersuchung des Polizeieinsatzes an den Miss Schweiz Wahlen vorgeworfen, wir wüssten eben nicht was echte Polizeigewalt sei. Wir hätten eben nie in einem Polizeistaat gelebt, sonst würden wir uns nicht über solche Bagatellen beklagen.
Auch wenn ich nicht der Meinung bin, dass es Bagatellen waren, was an den Miss Schweiz Wahlen passierte, würde ich doch nie von einem Polizeistaat reden. Weil ich differenzieren will. Weil nur eine differenzierte Betrachtung von Geschehnissen eine sinnvolle politische Forderung ergibt.
Die Vorfälle von letztem Freitag werden aus meiner Sicht im Moment kaum differenziert betrachtet. Es geht um Farbbeutel am Polizeigebäude. Es geht um demolierten Autos. Diese Sachbeschädigungen sind blöd und sinnlos. Es geht weiter um einen verletzten Polizisten. Gewalt gegen Menschen ist in keinem Fall in Ordnung und auch hier klar zu verurteilen.
Aber wer in diesem Zusammenhang von Terrorismus spricht, hat aus meiner Sicht das Gefühl für Verhältnisse verloren. Wir leben immer noch in der sicheren Schweiz und brauchen vor kaum etwas Angst zu haben. Wer zu solcher Rhetorik greift will Ängste schüren und Schlagzeilen machen. Und das bringt hier definitiv niemanden weiter.“