Übernutzung des öffentlichen Raums in Zeiten von Social Distancing?

Dringliche Interpellation der Fraktion GB/JA! (Katharina Gallizzi, GB / Ursina Anderegg, GB / Eva Krattiger JA!)

Die Coronakrise ist eine grosse Herausforderung für die Gastronomiebetriebe in Bern. Sie mussten während Wochen ihre Betriebe schliessen und dürfen auch in Zukunft nur unter Einhaltung strikter Hygienevorschriften den Betrieb langsam wieder hochfahren. Dies bringt viele Betriebe an den Rand des Ruins. Darum ist es begrüssenswert, dass die Stadt versucht, den Betrieben entgegenzukommen.

Laut einem Bericht im Bund vom 30. April[1] plant die Stadt nun, die Flächen für die Aussenbestuhlungen der Gastrobetriebe in Bern zu vergrössern und zwar ohne zusätzliche Kosten für die Gastronom*innen. Die zusätzliche Fläche soll es den Gastrobetrieben erleichtern, die Regeln des Social Distancing einzuhalten.

Allerdings gelten die Regeln des Social Distancing nicht nur an den Tischen in Restaurants, sondern für alle Menschen in Bern. Das heisst, dass in diesem Sommer alle Menschen und nicht nur die Gastrobetriebe mehr Platz brauchen im öffentlichen Raum. Während den Restaurants mehr Raum zur Verfügung gestellt werden soll, sind momentan aber Liegewiesen an der Aare und Parkanlagen geschlossen. Damit führen ausgedehntere Bestuhlungen der Restaurants zu einem Interessenskonflikt, denn der öffentliche Raum in der Stadt Bern ist ein knappes Gut und er sollte für alle Menschen auch ohne Konsumzwang nutzbar sein.

In den letzten Jahren hat insbesondere die „Pop-Up-ifizierung“ des öffentlichen Raums Menschen aus ihrer gewohnten Umgebung verdrängt. Durch den durch die Coronasituation steigenden Druck auf den öffentlichen Raum ist daher wichtig, die Pop-Up-Bewilligungspraxis zu hinterfragen. Wenn der öffentliche Raum knapp wird und Distanzen gewahrt werden müssen, soll insbesondere der Erholungsraum allen Menschen unabhängig von ihren Konsummöglichkeiten zugänglich sein.

Vor diesem Hintergrund bitten wir den Gemeinderat folgende Fragen zu beantworten.

  1. Wie sieht die von Gemeinderat Reto Nause im Bund angesprochene Regelung betreffend Vergrösserung der Aussenbestuhlungsfläche genau aus?
  2. Für welche Betriebe gilt diese Regelung?
  3. Ist sie zeitlich oder räumlich beschränkt? Und wenn ja, wie?
  4. Nach welchen Kriterien werden in diesem Jahr Bewilligungen für Pop-Up-Bars vergeben und mit welchen Auflagen sind diese verknüpft? Gibt es ein Kontingent an Bewilligungen?
  5. Wie stellt der Gemeinderat sicher, dass insbesondere in diesem Sommer, aber auch allgemein, genügend öffentlicher Raum für alle Menschen zur Verfügung steht?
  6. Inwiefern wird in dieser Thematik direktionsübergreifend zusammengearbeitet? Findet eine Zusammenarbeit zwischen dem Polizeiinspektorat der SUE und des Bereichs Gestaltung und Nutzung des öffentlichen Raums der TVS statt?

Begründung der Dringlichkeit: Die Restaurants können am 11. Mai 2020 wieder öffnen und es ist davon auszugehen, dass die neuen Regeln zur Aussenbestuhlung zeitnah in Kraft treten. Darum ist es wichtig die Informationen dazu möglichst schnell zu haben und nicht erst im Herbst, wenn niemand mehr draussen sitzen will.


[1] https://www.derbund.ch/gastrobetriebe-greifen-nach-dem-oeffentlichen-raum-712610347458