Rechtstaatlich nicht verankerter Einsatz von Drohnen durch die Kantonspolizei

Kleine Anfrage Fraktion GB/JA!: Nora Joos (JA!) Lea Bill (GB) Anna Leissig (GB)

Die Kantonspolizei Bern (KaPo) setzt bereits seit 2006 Drohnen ein. Aktuell ist seit April 2019 eine Fachgruppe mit 25 Drohnen, 3 verschiedenen Typen, mit Wärmebildkameras oder Nachtsichtgeräten und rund 30 pilotierten Polizist*innen operativ tätig.
War dies ursprünglich hauptsächlich im unfalltechnischen Dienst (Luftbilder von Verkehrsunfällen, Umweltvergehen, Bränden, etc)[1], werden neu auch Drohnen zur Beobachtung von Menschenansammlung verwendet. Dadurch soll Übersicht und Dokumentation bei grossen Personenströmen oder Ansammlungen ermöglicht werden und Gedränge und die Gefahr einer Panik schnell erkannt werden. Zusätzlich ist laut der Medienstelle der KaPo «der Einsatz von Drohnen um aus der Luft gezielt die Suche nach Täter*innen zu unterstützen» vorgesehen. [2] Im Unterschied zu fix installierten Kameras können Drohnen schnell zwischen einem Flug, welcher in 200 Meter Höhe Personenströme beobachtet und einem Zoom, um einzelne Personen zu identifizieren, wechseln. Problematisch ist hierbei laut Ueli Buri, Datenschützer des Kantons Bern, dass nebst den Personen, nach denen gesucht wird, zahlreiche andere Personen gefilmt werden. [3]
Im Kanton Bern ist der Einsatz von Drohnen nicht im Gesetzt verankert. In der Polizeiverordnung (PolV) ist lediglich ersichtlich, wie und wann der Regierungsrat den Einsatz von Videoüberwachung erlaubt. Wenn z.B. bei Demonstrationen Gewalttätigkeiten erwartet werden, darf die Polizei nach Art. 45 mit einer Drohne einzelne Personen erfassen, um mögliche Straftaten zu verfolgen.[4] Laut der Medienstelle der Kantonspolizei Bern halte die Kantonspolizei sich bei solchen Einsätzen «wenn immer möglich» an die Bestimmungen.[2]
Dies reicht aus unserer Sicht nicht. Das Filmen im öffentlichen Raum mit mobilen Kameras, bei Drohnen sowie auch mit BodyCams,  ist problematisch, da wichtige Grundrechte wie der Schutz der Privatsphäre sowie Versammlung- und Meinungsfreiheit tangiert werden. «Wenn potenziell jede und jeder gefilmt wird, braucht das eine hohe rechtstaatliche Legitimation», so Ueli Buri. Denn sonst, meint Ueli Buri, könnten Personen sich allein von politischen Kundgebungen abhalten lassen, weil sie wissen, dass dort gefilmt wird [3]. In diesem Zusammenhang ist auch der allgemeine Verweis auf die Strafprozessordnung (StPO), wie es der Gemeinderat in seiner Antwort vom 20. Januar 2021 auf die Kleine Anfrage der Fraktion GB/JA! (Seraina Patzen, JA!/Lea Bill, GB): Ungeregelter Einsatz von Bodycams durch die Kapo gemacht hat, völlig ungenügend. Es ist weder ersichtlich, welche Artikel der StPO denn als Grundlage gelten würden, noch würde der von der Kantonspolizei beabsichtigten Umgang mit mobilen Kameras der gängigen Rechtspraxis gemäss StPO entsprechen.

Wir bitten den Gemeinderat deshalb um folgende Antworten:

  1. Wie steht der Gemeinderat grundsätzlich zum Einsatz von Drohnen durch die Kantonspolizei Bern auf Stadtgebiet? Und welche Haltung vertritt er gegenüber der mangelhaften gesetzlichen Grundlage für den Einsatz von Drohnen?
  2. Welche Chancen und Risiken sieht der Gemeinderat beim Einsatz von Drohnen?
  3. Kann sich der Gemeinderat vorstellen, den Einsatz von Drohnen auf dem Stadtgebiet einzuschränken? Wenn ja, wie geht er dabei vor? Und wenn nein, wieso nicht?
  4. Wird der Gemeinderat seine Haltung gegenüber der Kantonspolizei vertreten und durchsetzen? Wenn nein: Warum nicht?

    Bern, 28. Januar 2021

[1] Widmer Benedikt, ‘Schweiz – Noch Luft nach oben: Nur drei Polizeikorps setzen auf Drohnen’, Schweizer Radio und Fernsehen (SRF), 24 January 2014, https://www.srf.ch/news/schweiz/noch-luft-nach-oben-nur-drei-polizeikorps-setzen-auf-drohnen.

[2] Barben Dölf, ‘Was darf die Polizei? – Neuerdings fliegen Drohnen auch bei Demos’, Der Bund, 9 January 2021, https://www.derbund.ch/neuerdings-fliegen-drohnen-auch-bei-demos-100840557205.

[3] Barben Dölf, ‘Kein kantonales Drohnengesetz – «Das ist rechtsstaatlich bedauerlich»’, Der Bund, 9 January 2021, https://www.derbund.ch/das-ist-rechtsstaatlich-bedauerlich-185445654418.

[4] Regierungsrat Kanton Bern, ‘BSG 551.111 Polizeiverordnung’ (Bern, 17 October 2007), https://www.belex.sites.be.ch/frontend/versions/1772.