Der Druck auf den öffentlichen Raum ist gross. Die Fachstelle Gestaltung im öffentlichen Raum der Stadt Bern (GöR) stellt im Jahresbericht 2014 fest, dass der Druck auf die öffentlichen Räume generell zunehme und kritisiert die Überbeanspruchung des Bundesplatz durch massive kommerzielle Nutzungen. Gerade in der Innenstadt wird der öffentliche Raum von ganz verschiedenen Akteuren in Beschlag genommen: Neben politischen und kulturellen Veranstaltungen finden karitative Anlässe, Sportveranstaltungen, Werbeveranstaltungen, Aussenbestuhlungen und Märkte ihren Platz im öffentlichen Raum. Viele ganztägige Veranstaltungen brauchen viel Infrastruktur und belegen die Plätze durch Auf- und Abbau oft einen ganzen Tag.
Der öffentliche Raum einer Stadt soll in erster Linie der Bevölkerung zu Gute kommen. In einer Stadt soll Raum für Begegnungen, fürs Nichtstun und fürs Zusammensein vorhanden sein. Daneben soll auch das politische und kulturelle Leben einer Stadt auf Strassen und Plätzen stattfinden.
Um diese primären Nutzungen des öffentlichen Raums garantieren zu können, braucht es ein Gesamtkonzept der Nutzung des öffentlichen Raums in der Innenstadt. Denn die Nutzung eines Platzes in der Innenstadt hat immer auch Auswirkungen auf andere Plätze. Findet zum Beispiel auf dem Bundesplatz eine ganztägige Veranstaltung statt, werden sich mehr Menschen auf dem Waisenhausplatz treffen. Heute existieren nur Konzepte für einzelne Plätze oder Parkanlagen, es fehlt eine Gesamtsicht.
Zudem sind klare Kriterien für die Bewilligung von Anlässen notwendig. Das Kriterium kommerziell/nicht kommerziell hat sich in vergangenen Diskussionen als nicht zielführend erwiesen. So ist beispielsweise der Markt aus unserer Sicht eine erwünschte Nutzung des öffentlichen Raums, während Werbeveranstaltungen im öffentlichen Raum nichts zu suchen haben. Beide sind aber als kommerziell zu beurteilen.
Die Postulantinnen fordern den Gemeinderat deshalb auf, bei der Bewilligung von Anlässen im öffentlichen Raum folgende Priorisierung vorzunehmen: Wichtigstes Kriterium ist die Zugänglichkeit für die Bevölkerung. Veranstaltungen, welche die Öffentlichkeit ausschliessen (z.B. durch Eintrittspreise, Einlasskontrollen oder Konsumzwang), sollen nicht bewilligt werden. Auch kommerzielle Werbeveranstaltungen sollen grundsätzlich nicht bewilligt werden. Politische und kulturelle Veranstaltungen geniessen hingegen höchste Priorität.
Damit die Plätze aber nicht zu oft durch bewilligte Grossveranstaltungen besetzt sind und genug Platz für die alltägliche Nutzung des öffentlichen Raums bleibt, soll der Gemeinderat prüfen, ob Kontingente von belegungsfreien Tagen auf zentralen Plätzen und Parkanlagen zielführend sind. Dabei dürfen die Plätze nicht isoliert behandelt werden, sondern müssen im Verbund mit ihren gegenseitigen Auswirkungen betrachtet werden. Die Stadt Zürich hat beispielsweise im Nutzungskonzept für den neu gestalteten Sechseläutenplatz festgelegt, dass der Platz pro Jahr während 180 Tagen für die Bevölkerung frei zugänglich sein soll, wovon 120 Tage in die Sommermonate von März bis Oktober fallen müssen.
Der Gemeinderat wird beauftragt, anhand dieser Vorschläge ein Gesamtkonzept für die Nutzung der Plätze und Parkanlagen in der Innenstadt sowie eine Strategie zu dessen Umsetzung zu prüfen.
Als Plätze in der Innenstadt gelten: Bundesplatz, Waisenhausplatz, Bärenplatz, Münsterplatz, Münsterplattform, Rathausplatz, Kocherpark, Kornhausplatz, Bahnhofplatz, Schützenmatte, Kleine Schanze, Grosse Schanze, Rosengarten und Casinoplatz.
Bern, 27.08.2015