Polizei-Willkür? Nein danke!


Am 13. Juni stimmt der stimmberechtigte Teil der Schweizer Bevölkerung über die sogenannten „polizeilichen Massnahmen zur Bekämpfung von Terrorismus“ ab. Zur Abstimmung kommt es, weil diverse Jungparteien, darunter die Jungen Grünen, das Referendum ergriffen hatten.
Von Fabienne Engler


Zu bemängeln gibt es vieles am Gesetz – an aller erster
Stelle den Terrorismus-Begriff selbst. Anstatt sich an
der Defnition zu orientieren, die im internationalen Recht
Konsens macht, entschloss sich der*die Gesetzgeber*in
für eine extrem weit gefasst Terrorismusdefnition. Als
„terroristische Aktivität“ soll nämlich bereits die „Verbreitung von Furcht
und Schrecken“ mit politischen Absichten gelten. Weder wird eine Straftat
vorausgesetzt noch die Anwendung oder Androhung von Gewalt.
Es besteht das Risiko, dass künftig legitimer systemkritischer Protest
als „terroristisch“ eingestuft werden kann.
Eine Person, der solch furchteinlösendes Handeln mit politischen Absichten zugetraut wird, nennt das neue Gesetz Gefährder*in. Der Gefährder-Begriff ist eine vom Predictive Policing übernommene Terminologie. Sie bezeichnet eine strafrechtlich unauffällige Person, die
vom Fedpol als möglicherweise gefährlich eingestuft wird. Die Einstufung als gefährdende Person nimmt das Fedpol aufgrund von nachrichtendienstlichen Hinweisen vor. Hinweisen also, die sich durch die Öffentlichkeit nicht oder nur schwer überprüfen lassen. Die Einstufung als Gefährder*in hat jedoch erhebliche Auswirkungen auf das Leben der Betroffenen und ihrer Familien. Nebst bereits bestehender (und ausreichender) Möglichkeiten zur Bekämpfung von Terrorismus, wird mit dem Polizeimassnahmengesetz nämlic auch eine Meldepflicht, Kontakt- und Ausreiseverbot, ein Rayonverbot sowie die Eingrenzung auf die eigene Wohnung (der „Hausarrest“) möglich. Davon betroffen
sind nicht Personen, die strafrechtlich verfolgt und/oder verurteilt wurden, sondern solche, die künftig eine Straftat begehen könnten. Also wir alle – rein hypothetisch. Es ist auch der vermeintlich präventive Charakter der
polizeilichen Massnahmen, die dieses Gesetz so besorgniserregend machen. Ein*e Gefährder*in muss den unmöglichen Beweis erbringen, dass von ihr*ihm keine potentielle Gefahr ausgeht. Diese Umkehrung der Beweislast ist umso gravierender, als dass mit Ausnahme des Hausarrests keine der genannten Präventivmassnahmen der richterlichen Überprüfung unterliegt. Es obliegt also alleinig dem Ermessen der Bundespolizei,
ob und wann die Anwendung einer polizeilichen Massnahme in einer konkreten Situation verhältnismässig ist.
Kurz zusammengefasst: Das Polizeigesetz gibt der Bundespolizei fast unbegrenzte Macht, ohne Straftat oder Anfangsverdacht gegen unschuldige Personen Zwangsmassnahmen zu ergreifen. Das ist einem Rechtsstaat unwürdige Willkür und gefährlich für die Grundrechte aller Bürger*innen. Deshalb: Nein stimmen zum Polizeimassnahmen-Gesetz am 13. Juni!