Eine Buchempfehlung von Nora Joos
ch fühle vieles beim Lesen, beim Seiten umschlagen, beim Wörter verschlingen, nach dem Buchdeckel zuklappen. Ich fühle mich zurückversetzt in meine Kindheit, in mein Aufwachsen im Fischermätteli, in der Schweiz in einer 6köpfigen, privilegierten, bildungsnahen Familie, in den Nullerjahren.
Mein Kontext, ein ganz anderer als jener, den Tove Ditlevsen wortgewannt beschreibt: 1920 in Kopenhagen. Achtzig Jahre früher als meine Kindheit, beschreibt sie 1967 ihre. Ein Heranwachsen in einfachen, bildungsfernen Verhältnissen, im Arbeitermilieu, vom Entdecken der dänischen Stadt. Und doch finde ich meine Kindheit in ihrer wieder: Vom Kind, vom Mädchen bis zum Frau sein. Von der kindlichen Naivität, vom Fragen stellen bis zum grossen Weltverstehen. Aber eigentlich möchte die heranwachsende Tove nur Schriftstellerin werden. Und dies wird sie schlussendlich auch.
Ihre Kopenhagener Trilogie Kindheit, Jugend und Abhängigkeit, keine reine Autobiografie, aber inspiriert von ihrem Leben, ist seit der Übersetzung auch im deutschsprachigen Raum geschätzt. Mit bemerkenswert wenigen Worten, alle drei Bände sind sehr schmal, beschreibt Tove Ditlevsen den Kampf einer weiblich sozialisierten Person gegen die gesellschaftlichen Normen von gestern, heute und morgen. Ein Buch, dass auch im jetzigen Jahrhundert seine Aktualität nicht verloren hat.