ja!rgon Nr. 2 - April 2006

EditorJA!l

Stört es dich auch, dass sexistische Werbung in unsere Gesellschaft eine selbstverständliche Alltäglichkeit ist? Nervst du dich über das Verschwinden sämtlicher Veloparkplätze rund um den Bahnhof Bern? Findest du es auch wichtig, gegen Faschismus und Ausgrenzung vorzugehen? Bist du der Meinung, dass es auch in der Stadt Bern Platz für alternative Lebensformen geben muss?
Dann unterstütze die Aktivitäten der Jungen Alternative mit einer kleinen Spende! Mit deiner Hilfe ist es der JA! möglich, sich weiterhin für Themen einzusetzen, welche sowohl bei anderen Parteien wie auch in den Medien oft in Vergessenheit geraten.
In den ersten Monaten dieses Jahres war die Junge Alternative bereits aktiv: So hat sie unter anderem an den Protesten gegen das WEF teilgenommen, sich für die Erhaltung des denk:mal eingesetzt und macht mit einer aktuellen Veranstaltungsreihe auf die Problematik sexistischer Werbung aufmerksam. Um auch weiterhin Aktionen und Aktivitäten auf der Strasse durchführen zu können, brauchen wir deine Unterstützung. Wir danken dir schon im Voraus dafür.

Lea Bill




Filmriss!

Der Mythos der sauberen und sicheren Kernenergie ist in den Köpfen der Schweizerbevölkerung fest verankert – während der Reaktormantel des AKW Mühleberg vor sich hin bröckelt.

Vor bald 20 Jahren passierte in Tschernobyl, was aus Sicht der Wissenschaftler gar nicht möglich gewesen wäre: Im Atomkraftwerk ‚Lenin’ kam es zur Kernschmelze, der Reaktor 4 flog in die Luft und verseuchte die nächste Umgebung so stark mit radioaktivem Plutonium, dass diese während der nächsten 24'000 Jahre unbewohnbar ist.
Ebenfalls vor 20 Jahren war das AKW Mühleberg längst veraltet. Das war der Reaktor nämlich bereits bei der Inbetriebnahme im Jahre 1971. Doch zusätzlich wurden nun vier Jahre nach dem Super-GAU in Tschernobyl im Kernmantel des Atomreaktors Mühleberg Risse entdeckt. Horizontale und vertikale, kleinere und grössere, und alle mit der Tendenz zum Wachsen. Um den Reaktormantel zusammenzuhalten wurden darum so genannte Zuganker eingesetzt, deren Wirksamkeit allerdings auch in den atomunkritischen USA angezweifelt wird. Die Risse wuchsen und wachsen weiterhin. Bei einem unabhängigen Untersuchungsbericht durch den TÜV (Technischer Überwachungsverein) im Jahr 1998 wurde der längste Riss auf mindestens 48 cm geschätzt – bei einer „kritischen Durchrisslänge“ von 2 Metern. Bereits 2003 ging Greenpeace von einer Risslänge von annähernd einem Meter aus. Das war vor drei Jahren. Zum heutigen Stand liegen keine offiziellen Berichte vor – dafür spekuliert die BKW nun auf eine unbefristete Betriebsbewilligung für das AKW M. Und fast scheint es, als wachse paradoxerweise mit den Rissen auch die Gleichgültigkeit und Unwissenheit der Bevölkerung gegenüber dem Riesenrisiko Atomenergie. Während die Bevölkerung kurz nach der Tschernobyl-Katastrophe hoch sensibilisiert war, sind sich heute die wenigsten bewusst, wie prekär die Sicherheitssituation in unseren Schweizer Atomkraftwerken wirklich ist. Gemäss einer Studie vom Ökologie-Institut Wien aus 2002 schneidet Mühleberg im internationalen Vergleich noch schlechter ab als manch anderer Reaktor Russlands oder aus der Ukraine! Die Risse wachsen, der Kernmantel bröckelt und bis heute will keine staatliche oder private Versicherung der Welt dieses Risiko übernehmen. Warum wohl? Schliesslich wird uns doch von Seiten der BKW und der NAGRA laufend versichert, wie sauber, unabhängig und risikofrei Atomstrom sei! Offenbar stimmt das aber nur für die InvestorInnen – die Verantwortung und teuren Folgekosten der endlosen Endlagerung oder eines Unfalls trägt die Bevölkerung.
Die JA! ist nicht bereit, diese Risiken weiter hinzunehmen und entscheidet sich darum
gegen die Atomenergie. Aus diesem Grund geht die Junge Alternative am 26. April auf die Strasse um der Katastrophe von Tschernobyl zu gedenken und um den sofortigen Ausstieg der Schweiz aus dieser Risikotechnologie zu verlangen. Für mehr Licht in den Köpfen!

Iris Balmer



WE FEED THE WORLD

Ein österreichischer Dokumentarfilm von Erwin Wagenhofer über die Nahrungsmittelproduktion in der heutigen Welt.

„Wenn Sie in Senegal auf den Markt gehen, können Sie europäische Früchte zu einem Drittel der einheimischen Preise kaufen. Also hat der senegalesische Bauer keine Chance mehr, ein Auskommen zu finden.“ Jean Ziegler, UN-Sonderberichterstatter für das Menschenrecht auf Nahrung über die Subventionen der EU.

Das Interview mit Jean Ziegler führt wie ein roter Faden durch diesen sensiblen Film über die Absurditäten einer globalisierten, dem Markt unterworfenen Landwirtschaft. Es wird aufgezeigt, wieso wir Soja aus Brasilien für unsere Viehwirtschaft importieren, obwohl mehr als ein Drittel der dortigen Landbevölkerung hungert. Was die Subventionen innerhalb der EU weltweit für Auswirkungen haben und wieso österreichische BäuerInnen ihre Mais- und Getreideüberschüsse lieber als Heizmaterial denn als Futtermittel für ihr Vieh brauchen. Zudem macht der Film deutlich, dass wegen den 10 Kilogramm künstlich bewässertem Treibhausgemüse aus Südspanien, welche jedeR EuropäerIn pro Jahr im Durchschnitt konsumiert, in Spanien das Wasser knapp wird und was die illegal Einwandernden aus Nordafrika damit zu tun haben.

In sehr schönen und ebenso schockierenden Bildern wird gezeigt, wie aus einem Ei in Österreich ein in Plastik verpacktes Tiefkühlpoulet wird und wie die Lebenssituation der in die Nahrungsmittelproduktion involvierten Fischern, Bauern, Agronomen, Biologen, Saatgutherstellern und Wirtschaftsbossen aussieht.

WE FEED THE WORLD ist ein sehr empfehlenswerter Film über ein Thema, mit welchem wir jeden Tag zu tun haben und uns doch so wenig damit auseinandersetzen.

Claudia Dutler


Biogas – die Energiequelle von heute

Zurzeit landen die Rüstabfälle der Berner Bevölkerung im herkömmlichen Abfall. Bald könnte sich dies aber ändern: Auf dem Stadtgebiet Bern ist eine Biogasanlage in Planung.

Mancher Person, die neu in die Stadt Bern gezogen ist, wird es aufgefallen sein: Im Gegensatz zu vielen anderen Gemeinden werden die Rüstabfälle nicht von einem öffentlichen Sammeldienst abgeholt. Diese Dienstleistung wurde eingestellt, da sich ein zu kleiner Teil der Berner Bevölkerung wirklich an die Richtlinien gehalten hat. So können zum Beispiel Essensreste nicht als Kompost weiterverwendet werden, trotzdem wurden sie oft als Rüstabfälle entsorgt. Nun bleibt jenen BernerInnen, welche sich nicht anderweitig organisieren können, nichts anderes übrig, als die Rüstabfälle in den herkömmlichen Abfallsack zu schmeissen.
Dies könnte sich aber bald ändern: Im Rahmen des Abfallkonzepts von 2003 will die Stadt Bern die Grünsammlung auf Rüstabfälle und Speiseresten ausdehnen. Diese Abfälle sollen dann zum Betreiben einer Biogasanlage, welche auf dem Stadtberner Gebiet gebaut wird, genutzt werden. In der Schweiz gibt es bereits zwölf Biogasanlagen, die erste solche Anlage nahm 1992 in Rümlang (ZH) ihren Betrieb auf. Durch das Verfahren wird dem Abfall die energetisch nutzbare Komponente (Biogas) entzogen, der Reststoff wird als herkömmlicher Kompost genutzt. In diesem Zustand kann das Biogas in Form von elektrischem Strom und Wärme verwendet werden. Es kann aber auch auf Erdgasqualität aufbereitet und so zum CO2-neutralen Betreiben von Fahrzeugen genutzt werden. Die zwanzig bereits bestehenden Biogas-Tankstellen in der Schweiz liegen alle – wie auch die meisten Biogasanlagen – im Osten des Landes. Es ist also höchste Zeit, die Nutzung dieser umweltfreundlichen Energie auf andere Regionen in der Schweiz auszuweiten. Vielleicht macht die Stadt Bern ja den Anfang...

Lea Bill

weitere Infos unter www.kompogas.ch


Vortrag zu den Hintergründen sexistischer Werbung

Am Mittwoch, 22. März hat der erste Teil der JA!-Veranstaltungsreihe gegen sexistische Werbung stattgefunden. Prof. Andrea Maihofer referierte vor einem vollen Saal über Vorkommen und Hintergründe bestimmter Darstellungen von Frauen in der Werbung.

Ein aufmerksames Publikum lauscht am Mittwoch Abend den Ausführungen von Frau Prof. Maihofer, die an der Universität Basel gender studies lehrt. Sie stellt gleich zum Anfang die These auf, dass Sexismus als fester Bestandteil unserer westlichen bürgerlich-patriarchalen Gesellschaft zu verstehen sei. Aus ihrer Sicht sind die stossenden Bilder und Slogans in der Werbung nur die Spitze des Eisbergs; eine sichtbare Spitze in einer Gesellschaft, in der Sexismus schwer anzuprangern ist – eben weil er so selbstverständlich geworden ist.

Im Bezug auf die Werbung stellt Frau Maihofer fest, dass heute neben den traditionellen Geschlechterstereotypen auch alternative oder modernisierte Geschlechterbilder gezeigt werden. Die Situation ist also geprägt von ständigem Wandel und gleichzeitigen Persistenzen. Diese Paradoxie macht es zusätzlich schwer, gegen sexistische Werbung vorzugehen.

Zur Veranschaulichung zeigt die Referentin einige prägnante Beispiele aus ihrem – offenbar unendlichen - Werbebilder-Archiv. Auffallend sind dabei zwei Dinge: Zum einen wird die gezeigte Frau sehr oft mit dem beworbenen Produkt gleichgesetzt, sie wird also als käuflich dargestellt. Zum anderen werden den Frauen – ganz nach den traditionellen Geschlechterstereotypen – diskriminierende Positionen und Attribute zugeteilt: So werden die Frauen verniedlicht (Daumen im Mund), gedemütigt (Frau kniend, Mann über ihr) oder als orientierungslos, träumerisch, ängstlich und willenlos abgebildet.

Es gibt aber auch wenige Beispiele, bei denen die Geschlechterrollen verwischt sind oder auf den Kopf gestellt werden. Solche Bilder zeigen oft androgyne Gestalten, bei denen genauer hingesehen werden muss, um zu erkennen ob es sich um eine Frau oder einen Mann handelt (vielleicht ist es ja auch nicht so wichtig).

Maihofer schliesst ihren Vortrag mit der Bemerkung, dass anhand von diesen überspitzt sexistischen Bildern auf den alltäglichen Sexismus aufmerksam gemacht werden soll. Und diese Art von Diskriminierung muss bekämpft werden.

Rahel Ruch und Lea Bill


JA!mitteilungen
 

Ostermarsch

Am Ostermontag, 17. April 2006 findet wieder der Ostermarsch statt. Dieses Jahr unter dem Motto „Frieden heisst genug für alle - Anders wirtschaften statt ausgrenzen – für die Globalisierung der Gerechtigkeit“. Der Ostermarsch startet um 13.00 Uhr im Eichholz und endet mit der Schlusskundgebung auf dem Münsterplatz.

Beteiligt mit Reden, Musik und Essen sind:

- Café RebelDía aus Chiapas (anders arbeiten und handeln)
- Projekt denk:mal (anders lernen und lehren)
- Kooperative Longo Maï (anders produzieren und essen)
- The BeBa Orchestra (Jazz und Rock mit Wurzeln im Balkan)
- Feines Essen und Trinken (Bärner Burechorb)

 


VORWÄRTS

Am 17. März entschied sich die Generalversammlung der Verlagsgenossenschaft VORWÄRTS ein neues Konzept für den VORWÄRTS um zu setzten. Die Idee des „Konzept Vorwärts 2006“ sieht vor, dass die Zeitung entgegen der Meinung der Redaktion wieder enger an die PdA gebunden wird. Unter anderem wird der Vorwärts in naher Zukunft nur alle zwei Wochen erscheinen, der Umfang beträgt dagegen neu 12 anstatt nur 8 Seiten. Dieser Entscheid ist innerhalb der PdA höchst umstritten, die Redaktion tritt nach Publikation dreier Ausgaben vollständig zurück. Die JA! bedauert den Entscheid sehr, war in ihren Augen das Konzept der Redaktion aus Sicht einer gesamtschweizerischen Linken weitaus produktiver und sinnvoller.