EditorJA!l
Was haben Schaumgummi, Bildschirm, Zigipäckli, Kondom, Robidog-Säckli und eine Bettdecke gemeinsam? Zugegeben, auch wir staunten nicht schlecht, was sich im Bremgartenwald alles finden lässt!
Alle Jahre wieder gähnt ein tiefes Loch in der Kasse der Jungen Alternative! Für Aktionen wie die Velodemo, die Veranstaltungsreihe zum öffentlichen Raum und den Wahlkampf fanden wir noch immer keine Banken, die uns unterstützen, und auch junge, alternative MillionärInnen gibt es in Bern nicht allzu viel. So entschieden wir uns für eine ökologisch sinnvolle Tat, die uns zugleich noch Geld einbringt.
In den letzten Wochen sammelten wir fleissig SponsorInnen für unsere Müllsammel-Aktion. Pro Kilogramm Müll, das wir im Bremgartenwald fanden, erhielten wir von SponsorInnen einen festgelegten Betrag.
Ausgerüstet mit Handschuhen und Ghüdersäcken und voller Tatendrang besammelten wir uns am Samstag im Bremgartenwald und fanden neben den obligaten Essensabfällen eben auch oben erwähnte Gegenstände. Das Müllsammeln war ein voller Erfolg. Nach knapp drei Stunden hatten wir zusammen 156 kg Abfall gesammelt!
Dank grosszügiger Unterstützung der SponsorInnen werden Sie auch weiterhin von der JA! hören, wenn auch in Zukunft eher wieder auf der politischen Bühne!
Damit die Zukunft der JA! aber auch längerfristig gesichert ist, sind wir auf weitere Spenden angewiesen. Herzlichen Dank!
Valerie Keller
Wunderliches aus Bern
Wer in diesen Tagen durch Bern schlendert, erlebt Wunderliches. Eine betrunkene, sich äusserst ungebührlich verhaltende Horde von Menschen, an denen sich niemand zu stören scheint, nimmt die Stadt für sich in Anspruch. Selten ist exzessiver Alkoholkonsum so gesellschaftstauglich wie in den Zeiten des Fussballs.
Aus jedem Winkel der Stadt dringen dramatische Töne und die Blicke der Menschen sind fixiert auf Wände, an denen Bildschirme hängen. Wer am frühen Morgen nach der Fussballparty durch Bern zieht, ist erstaunt darüber, wie viel Abfall Menschen an einem Abend produzieren können. Aber zum Glück steht die Stadtreinigung pünktlich bereit, um die scheinbare Normalität wieder herzustellen.
In der Stadt Bern werden seit langer Zeit Vorbereitungen getroffen, um die Stadt schrittweise zu säubern: Der Bahnhof als Visitenkarte der Stadt wurde aufwändig umgebaut und mittels neuen menschenverachtenden Reglementen vom „Gesindel“ befreit. Für die konsumfreudigen Fans wurde die Christoffelunterführung mit Läden gesäumt und was von Christoffel noch übrigblieb, ist mittlerweile hinter dickem Glas, damit niemand auf die Idee kommt, sich mitten in den Strom potentieller Kaufkraft zu setzten.
Und damit sich die TouristInnen im Postkarten Bern sicher fühlen, wurden an jeder Ecke Blauuniformierte hingestellt. Dabei ist es mittlerweile schwierig Stadtblaue, von Bahnblauen und Privatblauen zu unterscheiden – das Angebot ist breit!
Und wie immer bei solchen Anlässen hat auch das Militär Freude an der Euro: endlich darf unsere Luftwaffe wieder einmal fliegen und freudig werden die neusten Drohnen getestet.
In der kollektiven Euphorie solcher Grossanlässe geht gerne vergessen, dass die Fussball-EM längst nicht mehr nur ein Sportanlass ist, sondern ein Megaevent, von dem einige wenige fette Gewinne abziehen: Durch Sponsoren- und Lizenzverträge streicht die Uefa Millionen ein und gewährt im Gegenzug konkurrenzfreie Werbung in allen Fanmeilen und Public-Viewing-Zonen.
Dass Kapitalismus und das viel gepriesene Fairplay sich nicht verstehen, zeigt sich darin, dass wer nicht Uefa-konform ist, das heisst, wer Nike statt Adidas trägt, Felsenaubier anstelle von Carlsberg verkauft, einfach ausgeschlossen wird. Profitieren soll nur, wer sich an die diktatorisch festgelegten Regeln der Uefa hält.
Die Euro in Bern zeigt leider einmal mehr, dass Kommerzialisierung und Privatisierung des öffentlichen Raums, Sicherheitswahn, Einschränkung der Grundrechte sowie Menschenhandel ebenso zur sportlichen Grossanlässen gehören wie fröhlich feiernde Fans und schöne Tore.
Lena Müller und Anja Brunner
Konsumtempel
Bahnhof Bern
Endlich ist das Geheimnis um den neuen Berner Bahnhof gelüftet. Sauber, steril und ohne Sitzgelegenheiten präsentiert er sich uns BernerInnen und allen PassantInnen.
Kurz nach der Eröffnung des neuen Berner Bahnhofes sagte die Berner Stimmbevölkerung mit rund 3/4 der Stimmen Ja zum neuen Bahnhofsreglement. In so einem schönen Bahnhof soll auch gebüsst werden können, wer sich ungebührlich verhält. Jawohl: Nasenbohren unterm Baldachin ist ab sofort verboten!
Insgesamt scheint sich die Baukomission einig gewesen zu sein, aus dem neuen Berner Bahnhof eine Mischung aus „Altbewährtem“ und „Modernem“ zu schaffen. So hat man die grossen Steine in der Christoffelunterführung nicht einfach entfernt, nein, man hat sie hinter ein Schaufenster versetzt und bestrahlt sie nun mit lieblichem, rot-violettem Licht. Vielleicht soll uns dieses Bild an die Menschen erinnern, welche früher zu diesen Steinen gehörten!?
Interessant ist auch die verwaschene pastellrote Farbe, welche man an verschiedenen Aufgängen und vor allem an den Bernmobilhaltestellen immer wieder antrifft. Nicht dass wir etwas gegen diese Farbe hätten, im Gegenteil, doch beisst sich diese Farbe nicht ein bisschen mit dem schönen Rot unserer Bernmobilfahrzeuge? Aber vielleicht war dieser Farbton auch einfach grad im Sonderangebot, das verwaschene Rot scheint ja auch in stadtberner sozialdemokratischen Parteien sehr angesagt zu sein…
Nun, wir wollen ja nicht nur nörgeln, denn schliesslich hat man beim Umbau auch an uns links-grüne KonsumentInnen gedacht. So können auch wir nun endlich am Sonntag ohne schlechtes Gewissen noch schnell unsere Bio-Chips im Reformhaus besorgen gehen (ausgenommen GewerkschafterInnen, die müssen ihre Nahrungsaufnahme übers Wochenende halt immer noch vorausplanen).
Wir wollen nicht den alten Bahnhof zurück, aber wir wollen einen Bahnhof, in dem sich Menschen begegnen, sich ausruhen und verweilen dürfen und keine Gitter angebracht werden, damit die Leute sich nicht mehr hinsetzen können (wie beim Aufgang Neuengasse). Und wir wollen einen Bahnhof, der für alle Menschen offen ist, nicht nur für diejenigen, welche im Konsumtempel Geld liegen lassen.
Bahnhof für alle!
Birgit Rosenkranz
Rückblick Veranstaltungsreihe
Im Hinblick auf die Abstimmung über das Bahnhofreglement hat die Junge Alternative JA! eine Veranstaltungsreihe zum Thema öffentlicher Raum veranstaltet.
Dieses grosse Thema wurde in drei Unterthemen aufgesplittet: Öffentlicher Raum in der Stadt Bern, Jugendliche im öffentlichen Raum und Frauen im öffentlichen Raum.
Öffentlicher Raum in der Stadt Bern
Die Diskussion auf dem Podium kam schnell in Schwung, was auch der souveränen Moderatorin zu verdanken war. Da schon unter den ExpertInnen die Meinungen auseinander gingen wurde es nie langweilig. Während die einen dafür plädierten die Interessenkonflikte im öffentlichen Raum mit Regeln zu entschärfen, pochten anderen auf gesunden Menschenverstand und mehr Toleranz.
Gelegentliche Lacher sorgten für etwas Unterhaltung, insebesondere die Diskussion um öffentliche Toiletten in der Stadt Bern. Auch das Publikum mischte angeregt mit. Zeitweise gelang die Rot-Grün Regierung in Vertretung von Regula Rytz etwas unter Druck, doch mit ruhigen Siebeneckantworten und freundlichem Stil lässt sich eben viel gutmachen. Als die Diskussion beendet war, wurde noch etwas geplaudert, wobei auch da zum Teil noch heftig debattiert wurde.
Jugendliche im öffentlichen Raum
Durch die geringe Besucherzahl wollten wir zuerst nicht so richtig an einen gelungen Abend glauben, doch in der Endanalyse bildete für mich dieser ungezwungne Rahmen das Tüpfchen auf dem „i“. Die wenigen aber sehr motivierten Anwesenden brachten wichtige Inputs in die Fishbowlrunde. Vom Sinn bzw. Unsinn derc Repression bis „was ist Jugend“ wurde alles diskutiert. Eigentlich waren wir uns alle einig, aber wenn man so vertieft diskutiert, gehen die Meinungen halt doch auseinander. Die Diskussion hätte wohl noch zwei drei Stunden weitergehen können, doch die Zeit war um zehn Uhr Abends um.
Frauen im öffentlichen Raum
Die Veranstaltung Frauen im öffentlichen Raum mit verschiedenen Expertinnen aus Gleichstellungspolitik und Raumplanung startete mit kontroversen Einschätzungen über Angst von Frauen im öffentlichen Raum. Die anschliessende Diskussion mit vielen jungen Frauen aus dem Publikum und leider nur wenigen Männern verlief angeregt und interessant. Die Diskussion um geschlechtergerecht gestalteten Raum ist damit aber noch lange nicht abgeschlossen. Die Junge Alternative JA! wird sich auch in Zukunft mit diesem Thema auseinandersetzten.
Reitschule schützen – Motion Mozsa verwerfen
Während die Berner Innenstadt zur EURO-Kommerzzone wurde, ist die Reitschule eine Oase in der UEFA-Wüste: Konzerte auf dem Vorplatz, Parties und Musik im Innenhof – und Leckerbissen im Souslepont. Der GFL scheint das nicht zu genügen.
Ende Mai hat GFL-Stadtrat Erik Mozsa im Parlament eine Motion eingereicht, welche die Reitschule in ihren Grundfesten in Frage stellt. Unter dem heuchlerischen Titel „Reitschule schützen“ fordert er die Abschaffung der basisdemokratischen Strukturen, einen Sicherheitsdienst, die Schliessung der Reitschule während Demonstrationen und das Verknüpfen der Sicherheitsauflagen mit den Subventionsleistungen der Stadt. Mit dieser Motion bringt die GFL die Reitschule ernsthaft in Gefahr, denn müssten die geforderten Massnahmen tatsächlich umgesetzt werden, steht uns eine Umgestaltung der Reitschule nach dem Vorbild der Roten Fabrik bevor. Das ist auch, was Mozsa und anderen vorschwebt: Kultur ja, Politik nein.
Deshalb fordern wir Mozsa dazu auf, diese Motion zurückzuziehen und sich stattdessen lieber für die Lösung derjenigen Fragen einzusetzen, welche der Reitschule wirklich zu schaffen machen: Lieber Erik, mach doch einen Vorstoss für eine zweite Drogenanlaufstelle, so dass drogenabhängige Menschen nicht unter der Eisenbahnbrücke vor der Reitschule sitzen müssen, weil sie überall sonst vertrieben werden. Oder setz dich für die Erhaltung des öffentlichen Raums ein, so dass die Reitschule in Bern nicht der einzige Ort bleibt, der allen Platz gewährt. Und vor allem: Bevor du vorpreschst, um die Reitschule zu schützen, lass doch die ReitschülerInnen zuerst erzählen, wo dass sie Hilfe benötigen.
Rahel Ruch
ja!infos
EnergieWendeBern, ewb
Über 60% der produzierten, gekauften und verkauften Energie des stadtberner Energiewerkes (EnergieWasserBern, ewb) stammt aus nicht erneuerbaren Energiequellen. Damit der Ausstieg aus der Atomenergie für die Stadt Bern endlich Realität wird, ist eine Änderung des ewb-Reglements in Form einer Initiative in Planung. Die vom Grünen Bündnis und von der JA! lancierte Initiative fordert den Umstieg auf erneuerbare Energien und die Förderung der Stromnutzungseffizienz in den nächsten 20 Jahren. Die Initiative startet voraussichtlich im August 2008.
Initiative gegen neue Kampfflugzeuge lanciert!
Das Bündnis gegen neue Kampfflugzeuge hat am 10. Juni die Initiative gegen neue Kampfflugzeuge lanciert. Die Initiative verlangt ein 10-jähriges Beschaffungsmoratorium – damit soll der anstehende Kauf neuer Jets verhindert werden. Denn diese sind sicherheitspolitisch unsinnig, friedenspolitisch bedenklich und kosten über ihre ganze Lebensdauer 6-7 Milliarden Franken. Geld, welches anderswo, denken wir an die Sozialausgaben oder die Entwicklungszusammenarbeit, dringend nötig wäre.
Auch die JA! unterstützt die Initiative – jetzt Unterschriften sammeln!
Unterschriftenbogen und Sammeldaten auf:
www.keine-kampfflugzeuge.ch
www.gsoa.ch