Jedes Jahr treffen sich am World Economic Forum in Davos die mächtigsten
Wirtschaftsführer und VertreterInnen der Industrienationen, pflegen den Austausch und
schmieden Pläne, welche nicht selten negative Auswirkungen auf die ganze Welt haben.
Während in Davos die Profitmaximierung gesichert wird, wird die Schere zwischen Arm
und Reich immer grösser. Deshalb bezeichnete der prominente Uni-Professor und UNO
Sonderberichterstatter für das Recht auf Nahrung, Jean Ziegler, das WEF als „Tanz der
Vampire“.
Vergangenen Samstag 21.1.2012 wollte eine kleine Gruppe gegen das undemokratische
WEF und die negativen Auswirkungen der Globalisierung demonstrieren.
Grundsätzlich sind wir der Meinung, dass für Demonstrationen ein Gesuch bei den
Behörden eingereicht werden soll. Doch auch bei unbewilligten Kundgebungen muss die
Polizei den Grundsatz der Verhältnismässigkeit einhalten. Das haben Polizei und Politik
leider verpasst. Ein überdimensioniertes Polizeiaufgebot von einigen hundert
Sicherheitskräften versetzte die Bevölkerung in Angst.
Noch bevor die Kundgebung beginnen konnte, waren potentielle Teilnehmerlnnen bereits
von der Polizei eingekesselt. Obwohl sich alle beteiligten Personen friedlich verhielten und
VertreterInnen der Kundgebung anboten, die Demo aufzulösen und sich zurückzuziehen,
wurden sie von der Polizei stundenlang im Polizeikessel aufgehalten und schliesslich ins
FWR Neufeld transportiert, weiterhin festgehalten und anschliessend mit einer
Fernhalteverfügung belegt und wegen Landfriedensbruchs angezeigt. Landfriedensbruch
liegt gemäss Artikel 260 StGB vor, wenn jemand „an einer öffentlichen
Zusammenrottung teilnimmt, bei der mit vereinten Kräften gegen Menschen oder Sachen
Gewalttätigkeiten begangen werden“. Das war allerdings am 21. Januar nie der Fall. Es
ist ausserdem sehr stossend, dass erneut in grossem Stil Fernhalteverfügungen verteilt
wurden, nachdem die Beschwerde gegen eine ebensolche vom 10. September 2011
gutgeheissen worden ist und die Polizei öffentlich versprochen hat, solche Fehler in
Zukunft zu unterlassen.
Zudem hat die Polizei in verschiedenen Fällen Personen brutal festgenommen, die bloss
das Geschehen beobachtet haben, Unbeteiligte wurden eingeschüchtert und eingekesselt,
festgehaltenen Personen wurde der Zugang zur Toilette verweigert und im FWR Neufeld
wurden Pfefferspray und Hunde eingesetzt.
Die Fraktion Grünes Bündnis/Junge Alternative JA! akzeptiert dieses Vorgehen von
Gemeinderat und Polizei nicht. Es kann nicht sein, dass bloss aufgrund diffuser anonymer
Gewaltaufrufe die ganze Stadt in Ausnahmezustand versetzt und die Grundrechte ausser
Kraft gesetzt werden, besonders angesichts der Tatsache, dass die Demo
Organisierenden noch am Freitag, 20.1. um 17.00 Uhr auf der Internetplattform
indymedia zu einer friedlichen Kundgebung aufriefen.
Die Fraktion GB/ JA! bittet den Gemeinderat folgende Fragen zu beantworten:
1. Welchen Beschluss hatte der Gemeinderat vor der Kundgebung gefasst und
aufgrund welcher Informationen?
2. Auf welche Hinweise bezieht sich Sicherheitsdirektor Reto Nause, wenn von einem
„Aufruf zu Gewalttätigkeit“ gesprochen wird? Woher stammt dieser Aufruf? Wie
kann sichergestellt werden, dass er aus Kreisen der Demonstrierenden stammte?
3. Wie hoch sind die Gesamtkosten für den Polizeieinsatz am 21.1.2012?
4. Auf welcher rechtlichen Grundlage wurden Menschen festgenommen? Nach
welchen Kriterien wurden Demonstrantlnnen von Beobachterlnnen unterschieden?
5. Bei den Festnahmen gab es unnötige Gewaltenwendung von Seite der Polizei. Wie
erklärt der Gemeinderat dieses Vorgehen der Polizei?
6. Offenbar hat die Polizei sich während der Festnahmen wieder unkorrekt verhalten
und den Zugang zu Toiletten nicht gewährleistet, in den Festhalte- und
Warteräumen Pfefferspray in Richtung Decke eingesetzt. Wie verhält sich der
Gemeinderat dazu? Kamen andere Vorfälle, insbesondere Leibesvisitationen und
Entkleidungen vor? Wie wird dieses Vorgehen begründet?
7. Auf welcher Grundlage werden die festgehaltenen Personen wegen
Landfriedensbruchs verzeigt? Wann war der Zustand des Landfriedensbruchs
erfüllt?
8. Wieso wurden die festgehaltenen Personen erneut mit einer Fernhalteverfügung
belegt, nachdem die Beschwerde gegen eine Fernhalteverfügung vom 10.
September 2011 gutgeheissen wurde?