JA!rgon Nr. 1/2016
Im folgenden Artikel geht es um die Abschaffung der Heiratsstrafe, eine Initiative lanciert von der CVP. Wird damit wirklich mehr Gerechtigkeit geschaffen, wie die Initiant_innen versprechen? Von Sofia Gloor
„Die Ehe ist die auf Dauer angelegte und gesetzlich geregelte Lebensgemeinschaft von Mann und Frau. Sie bildet in steuerlicher Hinsicht eine Wirtschaftsgemeinschaft. Sie darf gegenüber andern Lebensformen nicht benachteiligt werden, namentlich nicht bei den Steuern und den Sozialversicherungen.“ So lautet der Text der Initiative, welche die CVP eingereicht hat.
Als ich das gelesen hatte, dachte ich: „Eine Strafe abschaffen? Kann nicht schaden oder?“ Doch wie vieles in der Politik, ist es auch dieses Mal nicht so einfach. Beim Schreiben dieses Artikels ist mir vieles klar geworden und ich sehe jetzt einiges anders. Die Gründe für meinen Umschwung habe ich hier diskutiert.
Wer verheiratet ist, weiss vielleicht, dass man als Ehepaar mehr Steuern bezahlt, als solche Paare, die im Konkubinat zusammen leben. Die Initiative der CVP verfolgt das Ziel, eben diese Ungerechtigkeit aufzuheben. Ist es also sinnvoll, diese Initiative anzunehmen?
An erster Stelle wäre zu nennen, dass die CVP die Ehe als Lebensgemeinschaft von Frau und Mann festhalten will. Das bedeutet, auch wenn es vordergründig um etwas anderes geht, dass homosexuelle Paare nicht heiraten dürfen. Dies zu verbieten wäre altmodisch und moralisch, wenn es um die Gleichstellung aller Menschen geht, absolut untolerierbar.
Irgendwie hat man doch immer wieder das Gefühl, dass die Schweiz ein sehr vorbildliches, weit entwickeltes Land sei, doch leider musste ich feststellen, dass die Schweiz diesbezüglich eher hinterher hinkt. Immerhin ist in vielen anderen Ländern (Argentinien, Belgien, Brasilien, Frankreich etc.) die Eheschliessung zwischen gleichgeschlechtlichen Paaren bereits möglich. Mit der Annahme der Initiative wird das verboten und es wird so bald nicht mehr möglich sein, dass Homosexuelle heiraten können.
Ausserdem kommt hinzu, dass das Ganze den Staat eine Menge Geld kostet, und dies nur um 80 000 Paare, oder anders gesagt 2% der Schweizer Bevölkerung, finanziell besser zu stellen. Dieses Steuergeschenk wird ein Milliardenloch in der Staatskasse auslösen.
Diese Initiative macht es unmöglich, die einfachste und gerechteste Lösung für die schlechter abschneidenden Ehepaare anzuwenden: die Individualbesteuerung. Diese Regelung besagt, dass jede_r aufgrund seines Verdienstes individuell besteuert wird. Dies hätte neben dem Gerechtigkeitsfaktor noch einige andere positiven Komponenten. Zum Beispiel würde es sich auch für die Person in der Ehe lohnen zu arbeiten, die das kleinere Arbeitspensum hat, was bisher oft nicht der Fall ist.
Deshalb stimmen wir am 28. Februar Nein zur CVP-Initiative.