LeserInnenbriefe der JA!-AktivistInnen zur Gassenküche
Die Gassen kochen vor Wut
Immer wieder gelingt es Medienschaffenden Tatsachen aufgrund ihrer politischen Haltung zu verdrehen. Die Gassenküche kocht nicht „Politsüppchen auf dem Buckel der Drogenabhängigen“, sondern leistet seit mehr als 15 Jahren wertvolle Sozialarbeit, welche die Stadt Bern nicht anbietet. Die Stadt missbraucht den Bahnhofplatzumbau, um ihre Wegweisungspolitik auch bei der Gassenküche durchzusetzen. Damit verfolgt Rot-Grün eine Aus-den-Augen-aus-dem-Sinn-Politik, mit welcher all jene Menschen, die nicht der städtischen Norm entsprechen, ausgegrenzt, stigmatisiert und verhöhnt werden und wo auf dem Buckel dieser Menschen blitzsaubere Glashäuser – oder Bahnhöfe – für die Angepassten und Besitzenden gebaut werden.
Vergangen Sonntag auf der Kleinen Schanze sollte klar geworden sein, dass die Gassenküche von vielen verschiedenen Menschen unterstützt und geschätzt wird. Die Gassenküche ist nicht eine unbewilligte Demo von 10 bis 15 Personen! Öffentlicher Raum gehört allen und deshalb soll auch in Zukunft am Sonntagabend auf dem neuen Bahnhofplatz gekocht werden. Während der Umbauphase soll die rot-grün regierte Stadt alternative, zentrale Standorte für die Essensausgabe anbieten, anstatt alles abzuschieben, was ihr nicht clean genug ist, wie die Gassenküche, randständige und drogensüchtige Menschen, in die Hodlerstrasse oder auf den Vorplatz der Reitschule abzuschieben.
Anja Brunner und Miro Luginbühl
Medienhetze gegen Gassenküche
Die beiden Gassenküchen, welche seit Jahren jeweils einmal pro Woche Essen abgeben, sind äusserst wichtige niederschwellige Angebote, welche Menschen erreichen, die sonst nirgends aufgefangen werden. Es sind nicht nur drogensüchtige Menschen, sondern auch RentnerInnen, einsame oder psychisch kranke Menschen oder Menschen, die auf der Gasse leben.
Alle gassennahen Institutionen sowie die Drogenanlaufstelle selber sind sich einig: der Hof der Drogenanlaufstelle an der Hodlerstrasse ist nicht der richtige Ort, um Essen zu schöpfen und zu verteilen. Der Gemeinderat muss dies endlich einsehen!
Wenn Bernhard Ott in seinem Kommentar gegen dieses unentbehrliche Angebot wettert und die Gassenküche der SchülerInnenkoordination vorwirft den öffentlichen Raum seit Jahren in Beschlag zu nehmen und ihr Politsüppchen auf dem Buckel der Drogenabhängigen zu kochen, ist dies nicht nur im höchsten Grade abschätzig gegenüber den engagierten Freiwilligen, welche Sonntag für Sonntag bei jedem Wetter unermüdlich wertvolle karitative Arbeit leisten, sondern geradezu hetzerisch. Genau damit provoziert er ein Sommertheater und dies mit voller Absicht.
Iris Balmer
Bern ist keine Käseglocke
Der Gemeinderat hat – ohne vorher wirklich das Gespräch zu suchen – mit seiner kompromisslosen und provokativen Medienmitteilung Ende April die Chance verpatzt einen konstruktiven Dialog in die Wege zu leiten und gemeinsam mit den Gassenküchen einen Ersatzstandort zu finden. Von einer rot-grünen Gemeinderatsmehrheit erwarte ich nun, dass sie nun offen ist für wirkliche Alternativstandorte während der Umbauphase des Bahnhofplatzes und nun den echten Dialog sucht, anstatt diesen zur Durchsetzung ihres Willens zu instrumentalisieren.
Denn: Wir leben nun mal nicht in einer heilen Welt – auch hier in Bern nicht. Die gesellschaftlichen Probleme kann auch der Berner Gemeinderat nicht lösen, indem er der Innenstadt von Bern eine Käseglocke aus Milchglas aufsetzt. Das ist zynisch – gerade in einer Zeit, in der an so vielen sozialen Angeboten, wie KiTas oder Spielplätzen gespart werden soll.
Die Gassenküche muss weiterhin an einem zentralen, bahnhofnahen, öffentlichen und überdachten Ort Essen schöpfen dürfen, wie sie dies die letzten 15 Jahre selbstverständlich gemacht hat.
Anne Wegmüller, Stadträtin Junge Alternative JA!