Einblick in den Pflegeberuf – Interview 1

Von Livia Calabretti

Name: Barbara Frésard

Alter: 50 Jahre

Ausbildung: Dipl Pflegefachfrau und Berufsbildnerin

Wie lange arbeitest du schon in der Pflege? 30 Jahre

Wie sieht ein typischer Arbeitstag für dich aus?

Es gibt kein typischer Arbeitstag, jeder Tag ist verschieden da wir eine akut Abteilung sind und sich die Situation immer wieder ändert. 

Was sind deine Aufgaben?

Wenn ich Lernbegleitung habe, dies haben meine Studierenden zweimal im Monat zugute, begleite ich sie einen Morgen lang und übe mit ihnen verschiedenen Situationen oder wir üben medizinaltechnische Aufgaben wie z.B venöse Blutentnahmen, Verbandwechsel, Infusionen vorbereiten und anhängen, Venflon legen, Blasenkatheter legen, Medikamente richten etc. Dies geschieht je nach Ausbildungsstand. Am Nachmittag haben wir dann ein Gespräch und Theorie. D.h entweder frage ich die HF Studierende etwas theoretisches ab oder wir machen ein Fallbeispiel d.h wir nehmen eine aktuellen Fall von der Abteilung und besprechen zusammen die Diagnose, der Zusammenhang mit den Medikamenten sowie die pflegerischen Schwerpunkte. Auch erstellen wir zusammen Pflegediagnosen für die jeweiligen Patient*innen. Ich muss sagen mir macht die Rolle als Berufsbildnerin sehr Freude, denn es ist eine Win-Win Situation. Ich bin immer auf dem neusten Stand dank den Studierenden und sie können von meiner Erfahrung profitieren.

Wenn ich keine LB habe, betreue ich meisten so 8-10 Patient*innen zusammen mit einer FaGe (Fachangestellte Gesundheit). Meine Aufgaben sind die ganzheitliche Betreuung meiner Patient*innen (Visite, Medikation, erfassen der Vitalwerte etc) die Steuerung des Pflegeprozesses und das Erkennen von Abweichungen, und Handeln in Notfallsituationen. Auch gehört die Austrittsorganisation sowie das gesamte Dokumentieren (das brauch sooooooo viel Zeit) zu meiner Aufgabe. Meistens habe ich leider nicht mal Zeit um eine*n Patient*in zu pflegen und muss dies der FaGe oder den Praktikant*innen abgeben.

Gefällt dir der Beruf?

Ja, er gefällt mir sehr und auch wenn es im Moment eine schwierige Situation ist und wir vieeeeeel zu wenig Personal haben. Ich wüsste nicht was ich sonst machen könnte.

Wo siehst du dich in Zukunft? Möchtest du dich noch weiterbilden oder vielleicht ganz den Beruf wechseln? Wenn ja, warum?

Siehe Antwort oben

Wie stehst du zur Pflegeinitiative? Wie wichtig ist es für dich, dass sie angenommen wird?

Ich stimme natürlich JA! Da ich finde, dass es nun an der Zeit ist ein Zeichen zu setzen. Dank den Diskussionen über die Pflegeinitiative wurde endlich mal offen über den Pflegenotstand und über unser Arbeitsfeld und Lohn gesprochen. Falls sie nicht angenommen wird, was ich nicht denke, hoffe ich dennoch, dass der Bund die Situation sehr ernst nimmt und handelt. Denn der Pflegenotstand wird noch schlimmer da es sehr schwierig ist junge Leute für diesen Beruf (HF, FaGe, AGS etc.) zu gewinnen. Viele brechen schon vor Ausbildungsende ab, was mich immer wieder schockiert. Für mich persönlich ist nicht unbedingt der Lohn relevant, sondern es braucht mehr Personal. Aber ich denke, wenn der Lohn etwas höher wäre, sowie die Arbeitsbedingungen familienfreundlicher wären, hätten wir auch mehr Personal.

Wie ist es für dich als Frau* in der Pflege? Fühlst du dich geschätzt und respektiert?

Für mich ist es absolut kein Problem als Frau in der Pflege zu arbeiten und ich habe noch nie erlebt, dass ich nicht geschätzt oder respektiert wurde, nur weil ich eine Frau bin. Ich denke es ist viel wichtiger, wie kompetent und empathisch man ist und nicht welchem Geschlecht man angehört.

Erfährst du Sexismus am Arbeitsplatz? 

Nein, das habe ich noch nie erlebt oder bemerkt.

Merkst du einen Unterschied dabei, wie der Patient*innen weiblich und männlich präsentierendes Pflegepersonal behandeln?

Bei uns im Team haben wir fast die 50/50 Quote, d.h fast so viele Männer wie Frauen*. Ich habe noch nie mitbekommen, dass jemand anders behandelt wurde von den Patient*innen nur wegen dem Geschlecht. Eher, wie schon oben erwähnt, wenn sich der*die Patient*in nicht aufgehoben oder kompetent betreut fühlt.

Wieso denkst du, dass es mehr Frauen* in der Pflege hat?

Weil es noch ein Überbleibsel von früher ist, da die Pflege ja vor allem von Nonnen übernommen wurde und weil man mit unseren Löhnen keine Familie ernähren kann. Da nun aber viele Familien jobsharing machen und daher 2 Löhne zu Verfügung stehen, kommen immer mehr Männer in den Pflegeberuf, was ich sehr schätze.