Die verhängnisvolle Durchsetzungsinitiative

JA!rgon Nr. 1/2016

Am 28. Februar 2016 darf das Schweizer Stimmvolk wieder an die Urnen, um sich zu vier eidgenössischen Vorlagen zu äussern. Darunter ist auch die Durchsetzungsinitiative der SVP, an welcher man momentan nicht vorbei kommt. Das ganze Land ist mit den Plakaten übersäht, welche durch Blocher finanziert werden. Doch was wird die Durchsetzungsinitiative ändern und wieso heisst sie überhaupt so? Von Julian Zürcher

Vorgeschichte
Am 28. November 2010 nahm das Unheil mit der Ausschaffungsinitiative seinen Lauf. Die Initiative wurde mit 52.3 % und von 17.5 Ständen angenommen und die Bundesversammlung machte sich hinter die Umsetzung. Schon sehr früh gab die SVP bekannt, dass sie mit der Umsetzung nicht zufrieden sei, da die Initiative nicht sinngetreu umgesetzt werde und der Volkswillen nicht akzeptiert werde. Deshalb startete sie die Unterschriftensammlung für die Durchsetzungsinitiative, welche am 28. Dezember auch zustande kam. Besonders zynisch erscheint dabei, dass die SVP mit der Durchsetzungsinitiative die Umsetzung der Ausschaffungsinitiative konsequent blockiert. Hätte sie sich nämlich mit der Ausarbeitung zufrieden gegeben, so wäre das Gesetz, welches aus der Ausschaffungsinitiative heraus entstanden ist, seit dem 1. Januar 2016 in Kraft.

Doch was ist der Unterschied zwischen der Ausschaffungsinitiative und der Durchsetzungsinitiative?
Wenn man den Titel das erste Mal hört, denkt man es gehe „nur“ um die konsequente Umsetzung. Jedoch ist es eigentlich eine Verschärfung gegenüber der Ausschaffungsinitiative. Falls die Durchsetzungsinitiative angenommen wird, kommen neu rund 40 weitere Delikte dazu, welche zu einer Ausschaffung aus der Schweiz und einem Einreiseverbot zwischen 5 und 15 Jahren führen. Erstaunlich ist mal wieder, dass die SVP zwischen den armen und den reichen Ausländer_innen unterscheidet. So ist zum Beispiel Sozialhilfebetrug strafbar und führt zur Ausschaffung, während Steuerbetrug nicht zur Ausschaffung führt.

Wie verhängnisvoll dies sein kann, zeigen wir euch gerne anhand von einem Beispiel auf.
Fabiana (16), welche hier in der Schweiz geboren und aufgewachsen ist, kennt Italien nur aus den Ferien bei Verwandten. Bereits ihre Eltern sind hier geboren, da die Grosseltern in die Schweiz eingewandert sind. Eines Abends fährt Fabiana ohne Billet nach Hause und rasselt in eine Kontrolle. Da sie kein Billet hat, versucht sie, sich rauszureden. Als ihr nach längeren Diskussionen der Kragen platzt, beschimpft sie den Kontrolleur als Arschloch. Dieser reicht am nächsten Tag eine Strafanzeige aufgrund der Beleidigung ein. Fabiana wird darauf zu einer Geldstrafe verurteilt.

Zwei Jahre später gerät Fabiana, welche mittlerweile 18 ist und eine Ausbildung als Kauffrau absolviert, in einen Streit mit Ihrer Nachbarin, da sich diese durch den Lärm Ihrer Schwester gestört fühlt. Im Affekt verpasst Fabiana ihrer Nachbarin eine Ohrfeige. Dadurch reisst bei der Nachbarin das Trommelfell, wodurch sie nun schlechter hört. Gemäss Gesetz handelt es sich hierbei um eine einfache Körperverletzung.

Da es bereits die zweite Verurteilung innerhalb von zehn Jahren ist, wird Fabiana nach Italien ausgeschafft und erhält ein Einreiseverbot von 10 Jahren.

Doch was soll Fabiana nun in Italien machen? Sie hat keine abgeschlossene Ausbildung und kennt die Verhältnisse auf dem italienischen Arbeitsmarkt auch nur vom Hörensagen. Ausserdem kann sie Italienisch sprechen, schreiben hat sie jedoch nie gelernt.

Falls die Durchsetzungsinitiative angenommen wird, ist dieser Fall gar nicht mal so unwahrscheinlich.

Deshalb verpennt es nicht und stimmt am 28. Februar NEIN zu einer menschenverachtenden Initiative, welche 25 % der Schweizer Bevölkerung diskriminiert.