Mit einer Petition und Vorstössen im Stadtrat haben sich die JA! und das Grüne Bündnis gegen den E-Prix, ein Autorennen mit Elektrofahrzeugen, eingesetzt. Leider vergeblich. Gleich darauf standen schon die nächsten Entscheidungen zu Grossveranstaltungen in der Innenstadt an.
Der Gemeinderat will den E-Prix nach Bern holen. Vom Autorennen mitten in durch die Innenstadt verspricht sich der Gemeinderat einen „publikumswirksamen Grossanlass“, mit dem sich die „gesamte Stadt Bern und insbesondere der UNESCO Weltkulturerbe-Perimeter in bestem Licht präsentieren“ kann und wo „Chancen und Herausforderungen der Elektromobilität“ thematisiert werden können. Das ist die Rede von Innovation und Nachhaltigkeit, von erneuerbaren Energien und neuartigen Technologien und der Mobilität der Zukunft.
Was genau an einem Autorennen durch die Innenstadt nachhaltig sein soll, bleibt uns schleierhaft: Verkehr muss in der Stadt Bern reduziert werden. Nur der übrigbleibende, unvermeidbare motorisierte Verkehr soll auf Elektroantrieb verlagert werden – Autorennen gehören hier definitiv nicht dazu. Der vom Veranstalter angepriesene ökologische Effekt des Formel-E-Rennens wird durch die massiven Auf- und Abbauarbeiten der für das Autorennen erforderlichen Infrastruktur zunichte gemacht.
Dazu kommen massive Einschränkungen für die Stadtbevölkerung während den Auf- und Abbauzeiten und während dem Rennen: Der ÖV wird beeinträchtigt werden und gewisse Durchgänge für Anwohnende gesperrt.
Dagegen haben wir uns gemeinsam mit dem Grünen Bündnis mit einer Petition gewehrt: 1‘700 Personen haben die Petition in kürzester Zeit unterschrieben. Auch im Stadtrat wurden dringliche Vorstösse eingereicht. Wegen einzelner Nein-Stimmen aus der SP und der vollständigen Enthaltung der GFL wurden die Vorstösse aber abgelehnt und der E-Prix wird stattfinden können.
Die Diskussion um Grossanlässe in der Innenstadt geht aber weiter. Am 29. November haben wir im Stadtrat gleich wieder über zwei weitere geplante Grossveranstaltungen diskutiert:
Dies war einerseits das Stadtfest. Ein Komitee rund um verschiedene (alt-)Stadträtinnen möchten im Jahr 2020 ein Stadtfest organisieren. Das eigentlich nicht unsympathische Anliegen kam noch etwas gar schwammig daher, was bei uns zu Diskussionen führte. Auch haben wir die Befürchtung, dass der Anlass zu einem grossen Schaulaufen von Sponsorinnen wird. Und wir stellten uns die grundsätzliche Frage, ob ein weiterer Grossanlass in der Innenstadt nötig ist. Braucht es mehr grosse Feste? Braucht es ein allgemeines Stadtfest oder wären neue kulturelle Anlässe in unterschiedlichen Bereichen nicht interessanter? Wir haben diese Frage nicht abschliessend beantworten können und der Gebührenbefreiung für das Stadtfest zugestimmt.
Anders bei der zweiten Diskussion am gleichen Abend im Stadtrat: Hier ging es um eine Gebührenbefreiung und finanzielle Beiträge der Stadt im Umfang von 3‘600‘000.- Franken für die Rad-WM, organisiert vom internationalen Radsportverband (UCI). Hier mussten wir nicht lange diskutieren: Wieso ein internationaler Sportverband von der Stadt finanzielle unterstützt werden soll, damit dieser einen Grossanlass in der Innenstadt organisieren darf, leuchtet uns nicht ein. Da haben wir unserer Meinung seit der Diskussion um die Tour de France nicht geändert. Natürlich wird auch hier von der grossen Öffentlichkeitswirksamkeit eines solchen Events geschwärmt und eine eigene Studie rechnet sogar noch die Wertschöpfung vor, die der Region durch einen solchen Event angeblich entstehen soll. Die Veranstalter selber ködern die Gemeinden mit sogenannten Legacy-Beiträgen, die für das Schaffen von bleibender Radinfrastruktur vor Ort eingesetzt werden sollen. Diese Beiträge im Umfang von 200’000.- Franken reichen allerdings kaum, um einen neuen Velostreifen zu malen und sind für uns ganz klar nur Augenwischerei. Der Stadtrat hat der Gebührenbefreiung trotzdem zugestimmt. Ob die Rad-WM nach Bern kommt ist aber noch unklar, im Gespräch ist auch Zürich und die Veranstalter werden jetzt entscheiden können, welche Stadt ihnen das bessere Angebot macht.
Diese Diskussionen rund um Grossveranstaltungen in der Innenstadt werden weitergehen. Für uns ist dabei klar: Eine Veranstaltung mit privaten, kommerziell orientierten Veranstalterinnen, wie ein Spitzensportanlass, soll nicht von städtischen Beiträgen profitieren können und für die Nutzung des öffentlichen Raums bezahlen. Das hier immer vorgebrachte Argument, dass ein solcher Anlass die Stadt Bern auf der ganzen Welt bekannt mache, ist aus unserer Sicht verheerend: Eine Stadt ist Lebensraum und nicht ein Produkt, das man verkaufen kann. Auch die immer stärker betonten Rahmenprogramme oder eben Legacy-Beiträge machen hier keinen Unterschied und sind oft einfach Schönfärberei.Anders ist die Diskussion bei einem Stadtfest: Hier soll etwas organisiert werden, das der Bevölkerung zu Gute kommen soll und auf ihre Bedürfnisse ausgerichtet werden soll. Hier stellt sich für uns mehr die Frage, ob es ein weiteres so grosses Fest mit riesen Sponsorinnen und Menschenmassen braucht oder ob kleine, intimere Feste mit klarerem Fokus nicht fast schöner sind.
Von Seraina im Ja!rgon 5/2018.