JA!rgon Nr. 3/2016
Von Elena
Das neue Nachrichtedienstgesetz ist eine Geburt Ueli Maurers aus seiner Zeit als Vorsteher des VBS. Es soll die Schweiz durch mehr Überwachung vor Gefahren wie Terrorismus schützen. Eigentlich ist es aber nur ein mithaltenwollen mit der weltweiten Datensammelwut. Die Schweiz will endlich auch mitmachen im internationalen Austausch von geheimen und delikaten Informationen!
Das NDG soll grundsätzlich den Nachrichtendienst des Bundes (NDB) regeln. Der NDB besitzt den präventiven Staatsschutzauftrag. Das bedeutet, dass Gefahren vor ihrem Eintreten bekämpft werden sollen. Der NDB sammelt und analysiert dazu sicherheitspolitisch bedeutsame Informationen, die er unter anderem durch präventive Überwachung gewinnt. Eine Person oder eine Personengruppe wird also überwacht bevor eine Straftat begangen wurde und es liegt noch kein Tatverdacht vor, der zur Eröffnung eines Strafverfahrens führen könnte.
Die präventive Überwachung ist deswegen heikler als die Strafverfolgung und der NDB besitzt dementsprechend weniger Kompetenzen im Bereich der Überwachung als die Strafverfolgung. Die heutige Gesetzeslage sieht vor, dass die Überwachung des Nachrichtendienstes im Inland auf öffentliche Mittel beschränkt ist. Öffentliche Mittel sind beispielsweise Bild- und Tonaufnahmen im öffentlichen Raum. Mit einem Ja zum NDG würde sich das ändern: Der NDB würde dann wie die Strafverfolgung über sogenannte Zwangsmaßnahmen verfügen. Dies würde ihm folgende Überwachungsmassnahmen ermöglichen:
- die Überwachung des Post- und Fernmeldeverkehrs gemäss Bestimmungen des BÜPF (Bundesgesetz betreffend die Überwachung des Post- und Fernmeldeverkehrs)
- Den Einsatz von Überwachungsgeräten zum Aufzeichnen von Bild- und Tonaufnahmen im nicht öffentlichen Raum
- Das Eindringen in Computersysteme und -netzwerke, um sogenannte Staatstrojaner einzusetzen, die Informationen beschaffen oder den Zugang zu Informationen verhindern, stören oder verlangsamen
- Das Durchsuchen von Räumlichkeiten und Fahrzeugen, um sicherheitsbedrohende Informationen oder Gegenstände zu beschaffen
Doch die Kompetenzerweiterung des Nachrichtendienstes geht noch über die Zwangsmassnahmen der Strafverfolgungsbehörde hinaus: Der Nachrichtendienst soll sich in Zukunft, aufgrund der zunehmenden Bedeutung des Internets, der Kabelaufklärung bedienen können. Das bedeutet, dass er grenzüberschreitende Signale in Glasfaserkabel abfangen kann. Er kann also grenzüberschreitende Kommunikation überwachen.
Diese Überwachungsmassnahmen bedeuten einen enormen Eingriff in die Privatsphäre eines Menschen, da sie präventiv und ohne Tatverdacht angeordnet werden können. Um zu verhindern, dass es zu einer willkürlichen Massenüberwa- chung kommt, werden für die Überwachungsmassnahmen bestimmte Genehmigungsverfah- ren eingeführt. Zur Durchführung braucht der NDB die Bewilligung einer politischen und einer rechtlichen Instanz, welche durch den oder die VorsteherIn des VBS und durch das Bundesverwaltungsgericht vertreten sind.
Die Befürworter_innen des Gesetzes meinen, dass dieses zweistufige Bewilligungsverfahren genug sei, um sicherzustellen, dass diese stark in die Grundrechte eingreifenden Massnahmen verhältnismässig eingesetzt würden. Nur kann man kaum von einem mehrstufigen Bewilligungsverfahrensprechen, da das VBS das vorstehende Departement des NDB ist. Zusätzlich hat eine politische Instanz in solch delikaten Fragen eigentlich zu suchen. Es bräuchte hier eine unabhängige fachlich und rechtlich kompetente Kontrollinstanz. Aber auch wenn das Bewilligungsverfahren strenger wäre, wäre die Kompetenzerweiterung eine Katastrophe. Mit der Kabelaufklärung kann der Nachrichtendienst eine Massenüberwachung starten. Auch die Tatsache, dass nur grenzüberschreitende Signale aufgefangen werden, macht die Kabelaufklärung nicht wirklich grundrechtsschonender, denn viele Signale laufen über ausländische Server. Der NDB hat also haufenweise Informationen. Diese führen aber nicht direkt zu mehr Sicherheit, sondern machen es viel mehr unmöglich, die „wichtigen“ Informationen aus der Datenmenge herauszufiltern.
Und das absurdeste daran: Betreibt man eine solche Internetüberwachung, fängt man höchstens die kleinen Fische und verdächtig die Falschen. Kleinkriminelle die sich nicht die Mühe machen, ihre Konversationen zu verschlüsseln oder StudentInnen, welche nach Dschihad googeln. Die eigentlichen Zielpersonen des NDB schlüpfen durch das Netz, denn es ist keine Zauberkunst, seine Kommunikation im Netz zu verschlüsseln.
Wenn man Ueli Maurer glaubt, würden diese neuen Kompetenzen nur in 12-14 Fälle pro Jahr angewandt werden. Die Frage ist nur, warum man für eine Handvoll Fälle einen so grossen Aufwand betreibt und neue Informationssysteme und Server baut. Denn bereits heute hat die Bundesanwaltschaft die Möglichkeit bei terroristischen Aktivitäten gewisse präventive Überwachungsmassnahmen einzuleiten. Der NDB braucht diese Kompetenzen nicht auch noch. Das NDG ist unnötig und greift dabei auf eine Art in die Privatsphäre eines Menschen ein, die rechtstaatlich nicht in Ordnung ist, da die Gren- zen der Überwachung zu weit in den präventiven Bereich geschoben werden, wo noch keine strafbare Handlung vorliegt. Das Nachrichtendienstgesetz ist nicht nötig, nicht verhältnismässig und greift stark in unsere Privatsphäre ein. Deshalb muss man das Gesetz dringend ablehnen!