Interfraktionelle Motion GB/JA!, glp und SVP (Lea Bill, JA!; Claude Grosjean, glp; Simon Glauser, SVP): Lancierung von aufsuchender Jugendarbeit in der Berner Innenstadt

Die Präsenz von Jugendlichen im öffentlichen Raum ist in der Stadt Bern auch mit der Debatte über das Nachtleben vermehrt zum Thema geworden. Jugendliche aus der Stadt und der Agglomeration halten sich oft an zentralen Orten in der Innenstadt auf, unterhalten sich oder trinken gemeinsam Alkohol. Sie sind dort, weil sie oft zu jung oder zu wenig finanzkräftig sind, um Clubs oder Konzertlokale zu besuchen. Diese Tatsache führt immer wieder zu echten oder vermeintlichen Nutzungskonflikten, jüngstes Beispiel ist die jeweils abendliche Versammlung junger Menschen beim Eingang zum Berner Bahnhof. In der Vergangenheit wurde klar, dass repressive Massnahmen allein keine Lösung sind, um Problemen im Zusammenhang mit Lärmemissionen, Gewalt oder dem Konsum von legalen und illegalen Drogen beizukommen.

Verschiedene Schweizer Städte haben Konzepte zur aufsuchenden Jugendarbeit (auch mobile Jugendarbeit genannt) aufgestellt. Diese Art von Jugendarbeit hat zum Ziel, die Jugendlichen auf Strassen und Plätzen, wo sie sich oft aufhalten, direkt anzusprechen. Auf diese Weise wird auch der Zugang zu Jugendlichen gewonnen, die von manchen Nutzenden des öffentlichen Raums als störend wahrgenommen und meist von anderen sozialen Einrichtungen nicht erreicht werden.

So besteht der Verein Mobile Jugendarbeit Basel (MJAB) bereits seit dem Jahr 2000 und konnte seither sein Angebot fortlaufend ausbauen. Im Zentrum steht dabei das Aufbauen von Beziehungen zu den Jugendlichen im öffentlichen Raum, welches das Ansprechen von Problemen erst ermöglicht. Auch in Winterthur wurde bereits im Jahre 2005 ein Projekt zur mobilen Jugendarbeit ins Leben gerufen. Die JugendarbeiterInnen gehen aktiv auf Jugendgruppen im öffentlichen Raum zu, sprechen mit ihnen über ihren Umgang mit legalen und illegalen Drogen und versuchen interkulturelle und geschlechtliche Konflikte zu schlichten.

Auch in der Stadt Bern arbeiten die Mitarbeitenden der Trägerorganisation offene Jugendarbeit (TOJ) mit Konzepten der aufsuchenden Jugendarbeit. Aufgrund der Ausgestaltung der Finanzierung des TOJ findet diese jedoch nicht in der Innenstadt, sondern nur in den Quartieren (konkret in den Stadtteilen 2-5) statt. Dies entspricht in keiner Weise dem heute aktuellen Verhalten von Jugendlichen – die älteren Jugendlichen halten sich oft nicht mehr in den Quartieren, sondern in der Innenstadt auf.

Wie bereits in der Antwort auf das Postulat „Fraktion GB/JA! (Lea Bill/Anne Wegmüller, JA!): Lancierung von aufsuchender Jugendarbeit in der Berner Innenstadt“ (07.000313) zu lesen ist, soll Jugendarbeit in der Innenstadt durch PINTO abgedeckt werden. Im Gegensatz zu PINTO liegen der mobilen Jugendarbeit aber anwaltschaftliche und partizipative Ansätze zugrunde – selbstverständlich ohne dabei die Bedürfnisse anderer Bevölkerungsgruppen zu vernachlässigen. Zudem sind die JugendarbeiterInnen im Gegensatz zu PINTO-Mitarbeitenden zu diesem Zweck ausgebildet und geschult. Des Weiteren müssen sie nicht – wie PINTO – neben den Jugendlichen auch andere, teilweise repressive Aufgaben erfüllen.

Es ist daher aufgrund der heutigen Verhaltensweisen der Jugendlichen notwendig, dass geprüft wird, ob der TOJ die aufsuchende Jugendarbeit auch in der Innenstadt durchführen kann. Der TOJ bewährt sich seit Jahren als Fachinstitution für Jugendarbeit in der Stadt Bern und bringt die nötige Erfahrung mit, um mittels einer innovativen und kreativen Jugendarbeit die Situation in der Innenstadt sowohl für die Jugendlichen als auch für weitere NutzerInnen des öffentlichen Raums zu verbessern.

Der Gemeinderat wird zu folgenden Schritten aufgefordert:

1. Die Stadt erstellt in Zusammenarbeit mit Fachpersonen ein Konzept für die aufsuchende Jugendarbeit im öffentlichen Raum, speziell in der Innenstadt. Zu prüfen ist insbesondere, ob TOJ dafür geeignet ist.

2. Die Finanzierung soll über eine Verschiebung von Ressourcen, die bereits heute für die öffentliche Sicherheit oder für Massnahmen in der Innenstadt, welche Jugendliche im öffentlichen Raum betreffen, zur Verfügung stehen.

3. Des Weiteren soll die Stadt Gespräche mit den umliegenden Gemeinden führen, um sie für eine Mitfinanzierung der aufsuchenden Jugendarbeit in der Innenstadt zu gewinnen.

Bern, 4. April 2013

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