Postulat Fraktion GB/JA! (Hasim Sancar, GB/Anne Wegmüller, JA!): Alternativen zu Videoüberwachung im öffentlichen Raum in der Stadt Bern

Mit Änderung des Polizeigesetzes möchte die Kantonsregierung die dissuasive Videoüberwachung im öffentlichen Raum einführen. Die Gesetzesänderung ist noch im Vernehmlassungsprozess, was den Gemeinden auch Zeit gibt, sich mit der Frage auseinanderzusetzen, wie sie mit der neuen Form der Überwachung umgehen wollen. Denn die Umsetzung der entsprechenden Artikel soll kommunal geregelt werden.

Wir stehen der Videoüberwachung grundsätzlich skeptisch gegenüber. Die erhofften Wirkungen der Videoüberwachung sind aus kriminologischer Sicht nicht unproblematisch. In diesem Zusammenhang ist es wichtig zu betonen, dass die Kriminalitätsrate durch Videoüberwachung nicht abnimmt, sondern eine blosse Verlagerung an andere Orte stattfindet. Diesem Verdrängungseffekt strafbarer Handlungen (von Abfallsündern bis hin zu Bedrohung von Leib u. Leben) in nicht videoüberwachte Räume muss genügend Gewicht gegeben werden. Denn wie verschiedenste Studien belegen, ist die erhoffte abschreckende Wirkung von Videokameras nur sehr beschränkt – wenn überhaupt – vorhanden.

Zwar muss das subjektive Sicherheitsempfinden der Bevölkerung ernst genommen werden. Allerdings sind auch bei der Kriminalitätsfurcht widersprüchliche Effekte auszumachen: Eine Kamera kann bei der einen Person ein verstärktes Sicherheitsgefühl hervorrufen, bei einer anderen Person erweckt es den Eindruck, dass der Ort erst recht gefährlich ist.

Bevor eine Videoüberwachung des öffentlichen Raumes in der Stadt Bern eingeführt wird, muss geklärt werden, ob eine solche Überwachung für Bern überhaupt in Frage kommt.

Der Gemeinderat wird deshalb beauftragt, folgende Punkte zu prüfen und ausführlich darzulegen:

1. Welches wären nach Ansicht des Gemeinderates die im PolG vorgesehenen „öffentlichen und allgemein zugänglichen Orte an denen wiederholt Straftaten begangen worden sind“ in der Stadt Bern, bzw. um welche Straftaten könnte es sich handeln und in welchen grösseren Zusammenhängen stehen diese? Welche weiteren Kriterien würde der Gemeinderat in seine Überlegungen mit einbeziehen?

2. Mit welchen anderen Massnahmen als mit der Videoüberwachung könnte an diesen Orten die Sicherheit verbessert werden?

3. Welches sind öffentliche Orte, an denen der Gemeinderat explizit keine Videoüberwachung installieren würde und was sind die Kriterien dafür?

4. Welche weitergehenden Massnahmen müssten eingeleitet werden, um einer allfällige Verlagerung von möglichen Straftaten in nicht videoüberwachte Räume entgegenzuwirken?

Bern, 31. Januar 2008

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