Der grösste Teil des Stromverbrauchs in der Stadt Bern geht auf Grosskunden und Grosskundinnen, häufig Gewerbebetriebe, aber auch Unternehmungen aus der Dienstleistungsbranche und Industrie und auf Verwaltungen zurück. In Bern gibt es rund 1400 mittlere und grosse Firmenkunden mit mehr als 40’000 Kilowattstunden Verbrauch pro Jahr. Für diese sind die Strompreise ein gewichtiger Kostenfaktor, so dass eine Senkung des Stromverbrauchs und damit der Kosten betriebswirtschaftlich sinnvoll sind. Leider scheitern Massnahmen zur Steigerung der Energieeffizienz häufig bereits daran, dass der Kapitalbedarf für Investitionen von Anlagen und Installationen gross ist und das notwendige energietechnische Knowhow nicht vorhanden ist.
Eine Lösung ist das sogenannte das „Einspar-Contracting“. Gemäss Bundesamt für Energie wird sowohl die Finanzierung, die Eigentumsfunktion, als auch das Investitionsrisiko, häufig auch die Betriebsführung an den sogenannten Contractor delegiert (Contracting-Geber). Der Contracting-Nehmer vermietet den Raum zur Installation einer Energieanlage und bezieht fertige Produkte wie Strom, Wärme.[1] In der praktischen Umsetzung gibt es unterschiedliche Varianten.[2]
Ziel ist eine „win-win“-Situation zwischen Contracting-Nehmer und -Geber. Die Unternehmen als Contracting-Nehmer kaufen sich effzienzoptimierte Energiedienstleistungen ein, brauchen mittelfristig weniger Energie und profitieren damit von geringeren Energiekosten Das Energiedienstleistungsunternehmen als Contracting-Geber übernimmt die Finanzierung und den Betrieb dieser Anlage und bringt sein technisches Knowhow dabei ein und erhöht damit seine betriebliche Wertschöpfung. Ebenso resultiert daraus ein Gewinn für die Umwelt, indem der Verbrauch von Elektrizität und anderen Primärenergien reduziert werden kann. Wie der Gemeinderat in seiner Antwort auf die Interpellation GB/JA!: „Wie nachhaltig sind Berner Unternehmungen bei der Stromwahl“ geschrieben hat, macht ewb mit Unternehmungen individuelle Zielvereinbarungen bezüglich erneuerbare Energien und Energieeffizienz. ewb bietet seit Mitte 2007 Firmenkunden spezifische Beratungen an. Wer seinen Strom vollständig aus erneuerbaren Energien deckt, erhält ein Stromlabel, welches bisher 150 Kundinnen und Kunden erhalten haben (BUND, 23.4.2008)
Die bisher gemachten Erfahrungen von ewb in der Energieberatung von Geschäftskunden sollen nun systematisch in ein eigentliches Contracting überführt und in einem neuen Tarifmodell systematisch angewendet werden.
Der Gemeinderat wird beauftragt/zusammen mit ewb die notwendigen reglementarischen Grundlagen sicherzustellen, dass aufgrund der Erfahrungen mit den Zielvereinbarungen mit Unternehmungen ein Contracting-System eingeführt wird, welches
1. Unternehmungen ab einem festzulegenden Strombedarf mit Anreizen überzeugt ihren Strombedarf mittelfristig verbindlich zu senken
2. die notwendigen organisatorischen und finanziellen Angebote und Dienstleistungen von Seite ewb (z.B: Kredite, Fördergelder) zur Verfügung stellt und offensiv bewirbt.
Bern, 3. Juli 2008
Motion Fraktion GB/JA! (Natalie Imboden/Stéphanie Penher, GB/Lea Bill, JA!), Karin Gasser, Urs Frieden, Anne Wegmüller, Christine Michel, Hasim Sancar, Cristina Anliker-Mansour, Emine Sariaslan
[2] Beispiele: Gewerbeschule Muttenz: Eine Energiefirma investiert 33’000 Franken, die durch Energieeinsparungen im Wert von jährlich 14’200 Franken in 3,5 Jahren zurückbezahlt werden (inkl. Zins). Die Gemeinde Leuk (VS) lässt sechs Gebäude mit einem Contracting energetisch sanieren, ohne einen Franken eigenes Geld in die Hände zu nehmen. Beispiel Universität Zürich: Mit 17 Millionen Franken wurden Teile der Universität energetisch saniert. Insgesamt werden 8% Energie gespart (bei der Elektrizität allein 30 bis 40%). Amortisationszeit: 8 Jahre. Mehr: http://www.swisscontracting.ch/site/deutsch/swiss/default.html