In der Schweiz ist der Schulabbruch noch ein Tabuthema. Bis jetzt wurden Schulabbrecherinnen von keinem Kanton – infolgedessen auch nicht vom Bundesamt für Statistik – erfasst, so dass man auf Erfahrungen einzelner Ämter und Institutionen angewiesen ist. Die Stadt Zürich beispielsweise geht gemäss mündlicher Mitteilung von 200 Schulabbrecherinnen im Jahr 2006 aus.
Die neu präsentierte Studie der Universität Fribourg, „Die Zukunft verlieren? Schulabbrecher in der Schweiz“, geht davon aus, dass jährlich rund 5’000 Jugendliche die Schule hinschmeissen. Die dadurch entstandenen Probleme sind für die Gesellschaft verheerend, denn wer die obligatorische Schulpflicht nicht abschliesst, fällt aus dem Bildungssystem heraus. Und wer keine Berufsausbildung hat, ist später einem höheren Erwerbslosigkeitsrisiko ausgesetzt, wird fürsorgeabhängig und verursacht Kosten, für die dann die Allgemeinheit aufkommen muss. Gemäss Studie belaufen sich die Folgekosten für die rund 5000 SchulabbrecherInnen auf mehrere 100 Mio. Franken.
Die Studie der Erziehungswissenschaftlerin Margrit Stamm weist darauf hin, dass es nicht nur schwierige, rebellische, den Unterricht störende SchülerInnen sind, welche die Schule vorzeitig abbrechen, sondern schuld am Abbruch sind auch die Beziehungen zum Lehrer/zur Lehrerin und zu MitschülerInnen. Alle untersuchten Fälle haben eine lange Vorgeschichte, die oft schon in Kindergarten begonnen hat.
Der Gemeinderat wird daher gebeten folgende Punkte zu prüfen:
1. In Zusammenarbeit mit den Schulen der Stadt Bern alle Schulabbrüche in der achten und neunten Klasse (Kleinklasse, Real- und Sekundarniveau) zu dokumentieren und eine Statistik zu führen. Auch Kinder, die durch Wiederholung einer Klasse die obligatorischen neun Schuljahre erfüllt haben, sind in die Statistik aufzunehmen.
2. In Zusammenarbeit mit den Schulen Konzepte zu entwickeln, wie die Lehrerinnen und Lehrer beim Umgang mit nicht pflegeleichten SchülerInnen unterstützt werden können, so dass sich die Beziehungen zu den SchülerInnen nachhaltig verbessern.
3. In Zusammenarbeit mit den Schulen präventive Massnahmen und Strategien zu entwickeln, um drohende Schulabbrüche frühzeitig zu erkennen und zu verhindern.
Bern, 25. Februar 2010