Die folgenden Fraktionen des StudentInnenrates (SR) der StudentInnenschaft der Universität Bern (SUB) stellen sich klar gegen die Maulkorb-Initiative: Sozialdemokratisches Forum SF, Junge Alternative JA!-fpl, Tuxpartei und O.Paradoxus. Die Maulkorb-Initiative ist wenig durchdacht. So müsste in Zukunft die Rekurskommission entscheiden, ob die SUB sich für billigen Wohnraum für die Studierenden einsetzen darf.
Der SR ist die demokratisch gewählte Legislative der SUB. Die Mitglieder der SUB wählen alle zwei Jahre die Mitglieder des StudentInnenrats. Der SR ist ein Parlament ähnlich wie der Grosse Rat des Kantons Bern und setzt sich aus politischen Fraktionen zusammen. Wie im Grossrat werden die Entscheidungen durch Mehrheiten entschieden. Dass dabei nicht notwendigerweise alle Wahlberechtigten, sprich SUB-Mitglieder, mit den Entscheidungen einverstanden sind, liegt in der Natur der Sache.
Die Unterzeichnenden dieser Medienmitteilung wehren sich im Namen der Fraktionen Sozialdemokratisches Forum, JA-fpl, O.Paradoxus und Tuxpartei gegen die Maulkorb-Initiative. Die Initiative führt demokratische Abläufe ad absurdum: Die Trennlinie zwischen Gesellschafts- und Bildungspolitik ist nicht klar zu ziehen. Wäre der Einsatz für billigen Wohnraum, der Studentinnen und Studenten direkt betrifft, noch zulässig? Bei einer Annahme der Initiative würde die Rekurskommission in Zukunft entscheiden müssen, zu welchen Geschäften die Legislative mit welchem Mehr Stellung beziehen darf. Damit übernimmt die Judikative Kompetenzen der Legislative und das demokratische Verfahren wird zusätzlich verlangsamt.
Die Initiative kommt von zwei Fraktionen, der Wolke7 und den Jungfreisinnigen Uni Bern, die mit diesem Anliegen schon mehrfach im demokratisch gewählten Rat gescheitert sind. Die Selbstzensur scheint auch das Hauptanliegen dieser beiden Fraktionen zu sein. Die Wolke7 hat in ihrer Geschichte keinen einzigen bildungspolitischen Vorstoss lanciert. Die Jungfreisinnigen glänzen als zweitgrösste Fraktion an den Sitzungen vor allem durch Abwesenheit Obwohl die Jungfreisinnigen in dieser Legislatur mit 10 Mandaten einen Viertel der Sitze innehaben, sind an den monatlichen Sitzungen selten mehr als drei Personen anwesend. Dass diese Fraktionen also allfällig existierende politische Anliegen nicht einbringen und durchsetzen können, erstaunt nicht. Die populistische Maulkorb-Initiative der sozialkonservativen und neoliberalen Kräfte ist demokratiefeindlich und zeugt von einem isolationistischen Verständnis universitärer Bildung.
Der SR kennt bereits qualifizierte Mehrheiten, um einzelne Geschäfte möglichst breit abzustützen. So benötigt eine Revision der Statuten ein Mehr von zwei Dritteln der anwesenden Ratsmitglieder. Es ist nicht einzusehen, weshalb in dieser Initiative ein Mehr von drei Vierteln verlangt wird, gibt es doch kein gewichtigeres Geschäft als die Statutenrevision. Erklären könnte die Wahl dieses qualifizierten Mehrs durch die InitiantInnen einzig deren kombinierte Fraktionsstärke. Dies erklärt auch den Hintergedanken der Initiative: Es geht den beiden Fraktionen darum, eine Sperrminorität zu bilden, die eine Verhinderungspolitik betreiben kann.
Die SUB steht für eine chancengleiche, nicht-diskriminierende, parteipolitisch neutrale Bildungspolitik und scheut sich nicht, in einzelnen Fällen einen Schritt aus dem Elfenbeinturm hinaus zu wagen. Für Mitbestimmungsrechte und demokratische Freiheiten haben Studierende auch in der Schweiz lange gekämpft. Wir wehren uns gegen Selbstzensur, die politische Debatten im Kern ersticken will, anstatt sie unter demokratischen Spielregeln auszutragen.
Demokratie baut auf Partizipation und freie Meinungsbildung. Wir vertrauen darauf, dass die Studierenden der Universität Bern der demokratiefeindlichen Maulkorb-Initiative eine klare Absage erteilen.