Am 18.1.2007 erklärte der Stadtrat eine Motion von Daniele Jenni (GPB), Catherine Weber (GB) und Anne Wegmüller (JA!) erheblich, die die Einleitung des Verzichts auf Anwendung des Instrumentes der Wegweisungen fordert. Innerhalb 6 Monate nach Annahme der Motion soll der Erlass von Wegweisungsverfügungen gänzlich eingestellt werden. Es ist also erklärter politischer Wille, dass in der Gemeinde Bern die Anzahl der Wegweisungen sukzessive gesenkt und – wenn nötig – durch andere nicht polizeiliche Interventionen ersetzt werden. Im Jahr 2007 wurden jedoch 487 Wegweisungsverfügungen ausgestellt (2006: 302). Im Jahr 2008 soll es sich um ähnliche Zahlen handeln. Im Bericht des Gemeinderates wird nun dem Stadtrat beantragt, die als erheblich erklärte Motion abzuschreiben, da auf Grund der Kantonalisierung der Polizei die Anwendung des Wegweisungsartikels ins operative Geschäft der Kantonspolizei falle. Zudem sei die Kantonspolizei verpflichtet, den entsprechenden Gesetzesartikel (Art. 29 des kantonalen Polizeigesetzes) umzusetzen.
Die Postulantinnen möchten in diesem Zusammenhang folgendes festhalten: Erstens handelt es sich beim Wegweisungsartikel im kantonalen Polizeigesetz (Art. 29) um eine „kann“-Formulierung: die Kantonspolizei kann Wegweisungen verfügen, sie muss nicht. Zweitens halten wir die Umsetzung eines Artikels, der weitgehende Eingriffe in die Freiheitsrechte der Betroffenen bedeutet, keinesfalls für eine operative Frage, sondern für eine strategische Frage, bei der der Gemeinderat seinen Einfluss geltend machen muss, um den politischen Willen seiner Legislative umzusetzen. Drittens stellt sich die Frage, über welche Informationen bezüglich Wegweisungen wir inskünftig noch verfügen werden. Wegweisungen wurden bisher im Jahresbericht der Stadt Bern ausgewiesen. Um eine demokratische Kontrolle der Umsetzung des Wegweisungsartikels zu gewährleisten, müssen die entsprechenden Informationen für die Stadt Bern weiterhin verfügbar und mit den früheren Daten vergleichbar sein.
Wir bitten deshalb den Gemeinderat folgende Punkte zu prüfen und in einem Bericht darzulegen:
1. Welche Massnahmen hat der Gemeinderat zur Umsetzung der Motion GPB, GB und JA! getroffen, die am 18.1.2007 erheblich erklärt wurde und einen Verzicht auf Wegweisungen verlangte?
2. Welche Massnahmen trifft der Gemeinderat, um strategisch auf die Kantonspolizei so Einfluss zu nehmen, dass auf Anwendung des Artikels 29 so weit möglich verzichtet wird und grundsätzlich andere Interventionsmöglichkeiten gesucht werden?
3. Wie stellt der Gemeinderat sicher, dass die statistischen Informationen der polizeilichen Umsetzung der anwendbaren gesetzlichen Bestimmungen, insbesondere des Wegweisungsartikels, für die Stadt Bern so aufbereitet werden und dem Stadtrat eigens zur Kenntnis gebracht werden, dass sie mit den früher erhobenen Daten vergleichbar sind und eine demokratische Kontrolle der Polizeiarbeit erlauben?
4. Zudem soll der Gemeinderat darauf hinwirken, dass die konkrete statistische Erfassung der Anzahl Wegweisungsverfügungen ab 2010 als Kennzahl in den Ressourcenvertrag zwischen Stadt Bern und Kantonspolizei aufgenommen wird.
Bern, 2. April 2009