Motion Fraktion GB/JA! (Lea Bill JA!/Aline Trede GB): Mobiles
Unterschriftensammeln in der Stadt Bern – es braucht endlich eine klare Weisung!
Unterschriftensammeln muss in einer direkten Demokratie möglich sein. Nicht allen politischen Parteien oder Gruppierungen ist es möglich, Postversände in millionenfacher Auflage in alle Haushalte der Schweiz zu schicken;dies ist nur einigen wenigen vorbehalten. Die allermeisten Parteien und Organisationen müssen die Unterschriften für Initiativen und Referenden auf der Strasse sammeln und zwar dort, wo viele Leute sind. Und dies auch in der Bundeshauptstadt Bern.
Im Zuge vielfältiger Reglementierungen im öffentlichen Raum und der Bevorzugung von Kommerz gegenüber nichtkommerziellem Engagement zeigt sich in der Stadt Bern wie auch in anderen Schweizer Städten der Trend, immer mehr Hürden für mobiles Unterschriftensammeln aufzustellen bzw. dieses ganz zu verbieten. So gibt es in letzter Zeit immer mehr Vorkomnisse, bei denen die Kantonspolizei Unterschriftensammlungen verhindert und die UnterschriftensammlerInnen wegschickt, zum Teil ja sogar wegweist oder verhaftet, so geschehen am 12. August 2011 während des Busker Festivals.
Die Polizei führt dabei in erster Line das Argument des gesteigerten Gemeingebrauchs und der damit verbundenen Bewilligungspflicht ins Feld – beziehungsweise, dass das mobile Unterschriftensammeln ohne Bewilligung illegal und damit strafbar sei. Dies, obwohl das Bundesgericht am 28. September 2009 (BGE 135 I 302) folgendes festgehalten hat:
„[…], dass das Sammeln von Unterschriften durch Einzelpersonen bzw. durch zwei oder drei Personen […] keinen gesteigerten Gemeingebrauch darstelle und dass diese Tätigkeit keiner Bewilligungspflicht unterstellt werden dürfe.“
Zudem ist im „Leitfaden für die Organisation und Veranstaltungen“ des Stadtberner Veranstaltungsmanagements festgehalten, dass „die Gratisabgabe von Drucksachen und Werbeartikeln und das Unterschriftensammeln durch max. 3 Personen (ohne Stand/Depot auf öffentlichem Boden) […] bewilligungsfrei“ ist.
Des Weiteren hat der Gemeinderat 2008 in einem Postulatsbericht festgehalten, „dass das Sammeln von Unterschriften durch Einzelpersonen ohne Infrastruktur keinen gesteigerten Gemeingebrauch darstellt und dementsprechend nicht bewilligungspflichtig ist.“
Auch die Kantonspolizei Bern muss sich an das geltende Gesetz, den Bundesgerichtsentscheid und den Grundsätzen der Stadt Bern halten. Nur so ist es möglich, dass die Ausübung der politischen Rechte in der Stadt Bern weiterhin möglich ist, notabene im öffentlichen Raum.
Die Unterzeichnenden fordern den Gemeinderat deshalb dazu auf:
1. eine klare Aufstellung des geltendes Rechts in Bezug auf mobiles Unterschriftensammeln zu erstellen
2. diese Aufstellung der Kantonspolizei Bern zuzustellen und sie anzuweisen, geltendes Recht in der Stadt Bern einzuhalten und mobiles Unterschriftensammeln nicht weiterhin zu behindern
3. die Aufstellung jeweils auch Personen und Organisationen zuzustellen, welche im öffentlichen Raum Veranstaltungen organisieren mit der Weisung, sich an geltendes Recht zu halten und mobiles Unterschriftensammeln selber oder durch Aufträge an und Abmachungen mit Dritte(n) nicht zu behindern.
Bern, 18. August 2011