Die Veröffentlichung von Fotos im Internet stellt die Behörden vor eine Herausforderung: Sie bedeutet eine weltweite Verbreitung von Personendaten, welche nicht kontrollierbar ist. Zudem besteht die Gefahr, Unschuldige zu verdächtigen: Die rechtsstaatlichen Prinzipien der Unschuldsvermutung und des Persönlichkeitsschutzes sind dadurch gefährdet.
Am 21./22. November 2013 verabschiedete nun die Delegiertenversammlung der Schweizerischen Staatsanwälte Konferenz (SSK) eine Empfehlung zur Öffentlichkeitsfahndung bei Ausschreitungen und Krawallen. Darin befürworten sie zwar eine durch die Staatsanwaltschaft angeordnete öffentliche Fahndung (Medien und Internet) aber damit der Verhältnismässigkeitsgrundsatz eingehalten werden kann und der heiklen Rechtslage genügend Beachtung geschenkt wird, empfehlen sie ein dreistufiges Vorgehen, welches zu Vorsicht mit Öffentlichkeitsfahndung per Internet mahnt und folgende Voraussetzungen formuliert:
„Es muss dafür ein dringender Tatverdacht vorliegen, eine Person bei einer Straftat abgebildet und alle polizeilichen Ermittlungs- und Fahndungsmassnahmen ausgeschöpft sein. Vorgesehen ist ein Dreistufenmodell. Zuerst wird die Veröffentlichung öffentlich angekündigt. Meldet sich auf die Ankündigung innert Wochenfrist niemand, werden die Bilder in einem zweiten Schritt verpixelt ins Internet gestellt. Erst wenn wiederum innerhalb einer Woche keine Meldung eingeht, werden die Aufnahmen in einem dritten Schritt unverpixelt veröffentlicht.“ (Medienmitteilung der SSK)
Deshalb bitten wir den Gemeinderat, folgende Fragen zu beantworten:
1. Hat der Gemeinderat von den Empfehlungen der SSK Kenntnis genommen?
2. Wie plant der Gemeinderat – unter anderem vor dem Hintergrund der Empfehlungen der SSK – in Zukunft mit Internetfahndungen umzugehen?
3. Plant er, die Empfehlungen der SSK umzusetzen?
4. Auf welche gesetzlichen Grundlagen stützen sich die Behörden in Zusammenhang mit Internetfahndung?
5. Plant der Gemeinderat, der Kantonspolizei anzuraten, zum Zwecke der Internetfahndung vermehrt an öffentlichen Veranstaltungen zu fotografieren? Kommen in diesem Zusammenhang auch zivile PolizistInnen zum Einsatz?
6. Plant der Gemeinderat, Bilder von privaten Überwachungskameras zu nutzen? Werden Private dazu angehalten, neue Überwachungskameras zu installieren?
7. Wie stellt der Gemeinderat sicher, dass nicht Unschuldige fälschlicherweise verdächtigt werden? Welche Möglichkeiten hat eine unschuldige Person, um gegen Vorverurteilungen vorzugehen?
8. Werden auch Bilder von vermeintlich straffälligen PolizistInnen aufgeschaltet?
9. Ist der Gemeinderat bereit, sich bei der Kantonspolizei dafür einzusetzen, dass dieses Instrument
künftig nur äusserst rigoros angewendet wird resp. nur dann, wenn tatsächlich und erwiesenermassen alle anderen Ermittlungsmöglichkeiten ausgeschöpft worden sind und nur in Fällen, wo es um schwerste Gefährdung von Leib und Leben geht, und nur, wenn ein richterlicher Beschluss dazu vorliegt?
Bern, 12. Dezember 2013