Interpellation Fraktion GB/JA! (Hasim Sancar GB/Lea Bill JA!) Heimplätze für Roma-Kinder: Kinderschutz! Schutz für wen?

Die Romas werden einmal mehr in der Öffentlichkeit thematisiert, dies aber nicht um ihre prekäre Situation in den Herkunftsländern in Erinnerung zu rufen:
Im Laufe des Monates April 2012 wurde in der Schweizer Presse bekanntgegeben, dass auf Berner Strassen bettelnde Roma-Kinder aus dem Ausland im Rahmen eines Projektes in Heimen aufgenommen werden sollten, Grund dafür sei der Kinderschutz. Dieses Projekt sei 2009 bereits lanciert worden, bis heute sei jedoch kein einziges Kind in diesem Zusammenhang in ein Heim gekommen.

Zudem ist über die die Presse Widersprüchliches zu erfahren. Einmal heisst es, dass Roma-Kinder, die nicht in Begleitung ihrer Eltern sind, in Heime kämen. Dann heisst es wieder, dass den Eltern bettelnder Roma-Kinder die Obhut entzogen würde.
Des Weiteren wird wiederkehrend ein Bild der Roma vermittelt, das Stigmatisierung Vorschub leistet. So werden Verwaltungsangestellte zitiert, dass bettelnde Romas 500 Franken pro Tag verdienten, oder dass die Kinder Opfer von Menschenhandel seien, den auch die Roma selber mitverschulden. Die Frage stellt sich also, inwiefern des Berner Projekt diese Stigmatisierung untermauert und die Ausgrenzung der Roma zusätzlich legitimiert oder ob das Projekt die Integration ausgebeuteter Kinder professionell angeht.

Kinder fürs Betteln einzusetzen, ist Missbrauch und deshalb vehement abzulehnen, da besteht aus Sicht der GB/JA! kein Zweifel. Dennoch ist es angebracht, aufgrund der widersprüchlichen Presseartikel dieser Sache etwas genauer nachzugehen und nach der Berechtigung und der Wirkung des erwähnten Berner Projektes zu fragen. Dies insbesondere, weil Fachpersonen aus dem Umfeld der Roma in der Schweiz bereits Bedenken äusserten, wobei sie sich auch auf Erfahrungen aus den Jahren 1929-1972 (Kinder der Landstrassen) bezogen.

Wir sind der Meinung, dass in solchen unreflektierten und fachlich kaum standhaften Projekten wie Agora in der Stadt Bern z.T. unbeabsichtigt Fehler der Vergangenheit wiederholt werden.

Die Fraktion GB/ JA! bittet den Gemeinderat folgende Fragen zu beantworten:

1.    Was ist Ziel und Zweck dieses Projektes, wie ist es definiert und welche Fachpersonen treffen Abklärungen diesbezüglich?

2.    Seit wann existiert das Projekt, wie lange dauert es, wie viel kostet es, welches sind die Erfolgsindikatoren und wer ist in die Projektentwicklung und -durchführung involviert?

3.    Wie viele Kinder wurden bis jetzt in Heime eingewiesen? Wie viele davon waren von mindestens einem Elternteil begleitet, wie viele unbegleitet, wie viele wurden der Obhut der Eltern entzogen? Was geschieht mit diesen Kindern?

4.    Wie und wann möchte der Gemeinderat die in Heime aufgenommenen Kinder in deren Heimat zurückbringen? Gibt es Kontakte mit den im Herkunftsland verbliebenen Eltern? Kennt man die Meinung der Eltern dieser Kinder betreffend der Umstände?

Bern, 10. Mai 2012

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